: Was soll der ganze Quatsch?
betr.: „PDS mauert sich frei“, taz vom 3. 7. 01
Was soll der ganze Quatsch mit einer Entschuldigung? Gysi hat völlig Recht, wenn er sagt, dafür gäbe es keine Entschuldigung.
Als jemand, der die Mauer für gut und richtig gehalten hat, kann ich nur sagen, dass diese Schuld, die Schuld an den sinnlosen Opfern der Mauer (auf beiden Seiten), an mir hängen bleiben wird, auch wenn ich selbst keinen Schuss abgegeben habe. Ebenso wie die Schuld an den Opfern des Zweiten Weltkrieges an den Deutschen hängen bleibt, auch wenn sie erst lange danach geboren wurden.
Die Mauer hatte nichts Positives, weil das System, zu dessen Schutz sie errichtet wurde, nichts Positives hatte. Ich bin zwar kein Anhänger des weit verbreiteten Glaubens, die Priorität der USA und der Nato hieße Friedenssicherung und am liebsten schmissen die nur mit Wattebällchen [...], aber selbst wenn die Mauer tatsächlich in der konkreten Situation den Weltfrieden bewahrt haben sollte (was wohl eher zweifelhaft ist), muss man sich doch fragen, ob nicht gerade dieses System den Weltfrieden erst gefährdet hat.
Holters Forderung, die Bitte um Vergebung müsse im Text erscheinen, mag ihn als Person zwar ehren, doch kann er sich wirklich vorstellen, dass ihm die Angehörigen der ermordeten Flüchtlinge oder die der erschossenen Grenzer, die vielleicht guten Glaubens einem verbrecherischem System dienten, vergeben? Es ist deshalb auch äußerst peinlich, wenn ein Mann wie Volker Beck, den ich immer geschätzt habe, nun nichts anderes mehr äußern kann als Westerwelle oder Stoiber. Es ist gut und richtig, dass die PDS das Unrecht und die Verbrechen an der Mauer als solches bezeichnet und die Schuld, die ihre Vorgängerin SED damit auf sich geladen hat, als ihre eigene anerkennt. Es ist gut, wenn das deutsche Volk im Allgemeinen und die Linken im Besonderen sich dieser Schuld der SED und der sozialistischen PDS immer bewusst bleiben. Das wird eine Garantie dafür sein, dass die in der öffentlichen Diskussion so sehr in den Mittelpunkt gerückten konservativen Kräfte in der PDS nie mehr die Oberhand gewinnen können und die PDS letztlich tatsächlich eine Partei wird, wie wir sie im Parteienspektrum unserer Republik dringend brauchen: eine linke sozialistische Partei. THOMAS RENZ, Jena
[...] Was will die CDU noch? Soll sich die PDS bei ihr entschuldigen? Wie steht es mit den Blockflöten, die den Mauerbau mitgetragen hatten und von der CDU mit offenen Armen aufgenommen wurden? Müssen die sich nicht auch entschuldigen? [...]
Die PDS hat die richtigen Konsequenzen gezogen. Aber da Gregor Gysi im Berliner Wahlkampf nun vorzügliche Karten hat, eine Rote-Socken-Kampagne nicht mehr zieht, sucht die arg geschwächte CDU nun nach einer anderen Strategie. Wie viel Angst sie doch vor der PDS haben muss! [...]
HARALD PAPENFUSS, Erfurt
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