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Der Eimer hat ausgetanzt

Der Kultclub in Mitte ist dicht. Gewerbeaufsicht und Polizei bemängeln Stromleitungen. Wohnungsbaugesellschaft tauscht die Schlösser aus. Die Kulturbesetzer stehen draußen

von DUNJA ALFERMANN

Alles im Eimer? Ein wenig sieht es jetzt schon danach aus in der Rosenthaler Straße 68. Denn seit Montag können die Betreiber das „Kulturhauses I.M. Eimer“ nicht mehr betreten. Die Eigentümerin, die Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM), hat die Schlösser des seit 1990 besetzen Hauses ausgewechselt. Einer der letzten damals gegründeten halb- bis illegalen Veranstaltungsorte in Mitte ist damit dicht.

Vorausgegangen war ein Polizeieinsatz bei einer gewerbewirtschaftlichen Überprüfung des Wirtschaftsamts in der Nacht zum 28. Juni. Um den Eimer zu betreten, in dem sich gegen 1 Uhr nur 12 oder 13 Leute aufhielten, hatte das Amt Polizeischutz verlangt. Etwa 20 Beamte rückten an. Kurz nach dem Betreten der Räumlichkeiten versperrten die Beamten alle Ein- und Ausgänge, berichtet Moritz Heusinger, der Rechtsanwalt des I.M. Eimer. Bei der gewerbewirtschaftlichen Überprüfung wurde ein sich zu schnell drehender Stromzähler gefunden. Laut Heusinger handelte es sich eher um einen „Zufallsfund“. Für die Polizei, die daraufhin die Bewag einschaltete, war das jedoch Anlass genug, das Haus wegen maroder Stromleitungen zu räumen. Am darauf folgenden Montag, dem 2. Juli, setzte die WBM im gesamten Haus dann neue Schlösser ein.

Wenn das Haus jetzt leer ist, gibt es keinen Anspruch auf Weiternutzung, da kein Vertrag über die Nutzung des Hauses besteht, weiß Rechtsanwalt Heusinger. Versuche, in das Haus zu gelangen, könnten somit als Hausfriedensbruch angesehen werden. Dass die Stromabschaltung in diesem Fall zur Sperrung des Hauses geführt hat, bezeichnet er als unüblich. Außerdem seien bei einer Besichtigung des Bauamts im Frühjahr die Leitungen nicht beanstandet worden, so Heusinger.

Die WBM sieht das anders. Der Eimer könne nicht aufmachen, wenn Brandgefahr bestehe, sagte WBM-Mitarbeiterin Jutta Weitz. Ein Vertrag über die Nutzung des Hauses ist ihrer Aussage nach bis heute nicht zustande gekommen, weil die Betreiber des Eimers einen kurzfristigen Vertrag nicht akzeptieren. Einen langfristigen könne man ihnen aber nicht geben, weil das Gebäude verkauft werden soll.

Laut Rechtsanwalt Heusinger scheiterten die bisherigen Verhandlungen aber nicht mangels Akzeptanz eines kurzfristigen Vertrags, sondern an unterschiedlichen Vorstellungen über die Miethöhe. Ein runder Tisch mit allen Beteiligten, den die Initiative „Rettet den Eimer!“ seit Januar, nach einer vorangegangenen Räumungsklage im Dezember, gefordert hatte, kam bis heute nicht zustande. Jutta Weitz kann sich nicht einmal so recht erinnern, diese Forderung überhaupt gehört zu haben. Nach ihren Angaben gibt es aber von Seiten der WBM keinen Verhandlungsabbruch.

Was bleibt, ist die Hoffnung. Rechtsanwalt Heusinger bietet weiter die Sanierung der elektrischen Anlagen an. Was fehlt, ist der Vertrag.

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