Dach des internationalen Tourismus

Die Welt-Tourismus-Organisation liefert Daten und Fakten zum Reisen und organisiert die weltweite Vernetzung

In einem riesigen Verwaltungsgebäude in Madrid hat die Welt-Tourismus-Organisation (WTO) ihren Sitz. Zuverlässig präsentiert sie alljährlich umfassende Daten zur Wachstumsbranche Tourismus: über die internationalen Ankünfte, die Quellenmärkte, die Empfängerländer, die internationalen Einkünfte aus dem Tourismusgeschäft, die Beschäftigungszahlen, kurzum die Bewegungen und Veränderungen auf dem Reisemarkt.

Die WTO wurde 1975 gegründet. Sie ging hervor aus der International Union of Official Travel Organizations, die ihren Sitz in Genf hatte und bereits seit 1925 bestand. Es war eine grundlegend europäische Organisation, bis die Vereinten Nationen in den frühen 70er-Jahren entschieden, eine internationale Körperschaft ins Leben zu rufen. Inzwischen sind 135 Länder Mitglieder der WTO. Sie sind durch ihre Regierungen und die für Tourismus zuständigen Ministerien vertreten, Deutschland beispielsweise über sein Wirtschaftsministerium. Der Reiseweltmeister USA – (die USA stellen weltweit die meisten Touristen, Deutschland kommt an zweiter Stelle) – ist kein Mitglied der WTO. Zusätzlich hat die WTO ein Business Council. Das sind private Unternehmen wie die TUI, Hotelgruppen, Fluggesellschaften, Handelsorganisationen, aber auch Universitäten und regionale Landesvertreter.

Für das Internationale Jahr des Ökotourismus, das die Vereinten Nationen für 2002 ausgerufen haben, übernahm die WTO neben der Unep die Durchführung. Die Unep ist die Umweltorganisation der Vereinten Nationen mit dem ehemaligen deutschen Umweltminister, Dr. Klaus Töpfer, an der Spitze. Gedacht als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung im Tourismus, geriet das Jahr des Ökotourismus in die Kritik von Nichtregierungsorganistionen (NGO). Gruppen wie der Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung in der Schweiz, Fernweh iz3w, aber vor allem NGOS aus Dritte-Welt-Ländern kritisieren Durchführung und Inhalte. Um eine partizipatorische Diskussion (Multi-Stakeholder Diaologue) zu gewährleisten forderten die NGOs von der WTO, der UN und der Unep eine finanzielle Unterstützung für Reisekosten beispielsweise zu den Regionalkonferenzen, die zur Vorbereitung dieses Jahres weltweit stattfinden.

Inhaltlich sieht man die Gefahr des Ausverkaufs der letzten Naturressourcen, denn die Konzeption des Jahrs des Ökotourismus lasse bislang nicht erkennen, was genau unter Ökotourismus zu verstehen sei. Man befürchtet, die großen Veranstalter könnten dieses Jahr dazu nutzen, ihre ökologisch angehauchten Produkte und Naturreisen verstärkt auf den Markt zu werfen.

Die indische Tourismusexpertin Nina Rao, die im Arbeitskreis Tourismus der UN-Kommission für nachhaltige Entwicklung (CSD) als Sprecherin der NGOs aus der Dritten Welt sitzt, sagte jüngst in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung: „Wir möchten verhindern, dass die großen Reiseveranstalter unter dem Mäntelchen des Ökotourismus unsere Länder, unsere Naturschätze und unsere Kulturen vermarkten.“

Die NGOs forderten deshalb in ihrer Petition an die Vereinten Nationen, aus dem Jahr des Ökotourismus ein Jahr „zum Überdenken [reviewing] des Ökotourismus“ zu machen. Im Rahmen der Vorbereitung des Jahrs des Ökotourismus findet derzeit eine Reihe von Konferenzen statt, zuletzt in Afrika. Im Herbst wird das Thema Bergtourismus in Österreich verhandelt werden. Die Hauptkonferenz wird im Frühjahr 2002 im kanadischen Quebec stattfinden.

CHRISTEL BURGHOFF
EDITH KRESTA

Weitere Informationen: www.world-tourism.org NGOs: www.akte.ch undwww.twnside.org.sg/tour.htm