Von Menschen und Maßnahmen

■ Weil der Arbeitsbehörde das Geld ausgegangen ist, um Ältere zu fördern, soll Staatsrat Knigge jetzt beim Bund betteln / Projekte beharren aber auf ihren Qualitäten

Friedhelm Grützner hat Post bekommen. Unterschrieben vom Staatsrat im Arbeitsressort Arnold Knigge persönlich. Allein – die Botschaft ist ernüchternd. „Nach nochmaliger Prüfung ihres Antrages muss ich Ihnen leider mitteilen, dass der Senator für Arbeit keinen Landeszuschuss gewähren kann.“ Im Klartext heißt das für den 51-jährigen Historiker, dass er seine Stelle beim Dachverband für Ausländerkulturvereine nicht antreten kann, obwohl das Arbeitsamt den Großteil der Förderung bereits zugesagt hatte.

Hintergrund der Geschichte ist, dass beim Senator für Arbeit im März diesen Jahres ein klaffendes Loch im Fördertopf für ältere Arbeitnehmer aufgetaucht ist. Die Behörde hat munter drauflos bewilligt und ihren Etat dabei maßlos überschritten. Teilnehmer, die von einer Verlängerung ihrer Beschäfti-gungsmaßnahme ausgegangen waren oder diese nach Zusagen des Arbeitsamtes antreten wollten, standen im Regen (vgl. taz vom 18.04.)

Für die Träger kleinerer Projekte, wie zum Beispiel das Frauentherapiezentrum, das Netzwerk Selbsthilfe, ein Sportprojekt in Tenever, das Frauenprojekt belladonna und viele andere, war das unvorhersehbare Finanzloch eine „Katastrophe“, so Sabine Bütow vom Netzwerk Selbsthilfe. Nachdem die Förderung für Kultur- und Sozialprojekte in den vergangenen Jahren immer schmaler geworden sei, hätte man jetzt viele wesentliche Arbeitsbereiche auf eben diese Stellen aus dem 50plus-Programm gestützt.

Für die Teilnehmer war das Ausbleiben der Mittel vom Arbeitssenator natürlich erst recht erschütternd. Mit über 50 Jahren sind sie auf dem regulären Arbeitsmarkt nicht grade ein Knüller und hätten mit 50plus eine Perspektive gehabt. Arnold Knigge, Staatsrat im Arbeitsressort, versprach, diverse Einzelfälle zu prüfen. Zu ihnen gehörte Historiker Grützner, der mit kurzer Unterbrechung seit 1993 arbeitslos ist. Zu ihnen gehört auch eine sechzigjährige Mitarbeiterin des Netzwerkes, die dort einen Finanz-Service anbietet sowie ein Buchhalter aus dem Kulturzentrum Lagerhaus: Alle drei wurden vom Ressort aber nur mit warmen Worten abgespeist.

Die Projekte schlagen Staatsrat Knigge nun vor, die Restmittel, die die Behörde nicht aufbringen kann, beim Bund zu beantragen. Da dort gerade ein Beschäftigungsgesetz in Abstimmung ist, solle Bremen die Initiative ergreifen und mehr Geld für Ältere rausholen. „Schließlich redet der Kanzler dauernd von den Fähigkeiten der Alten, auf die der Arbeitsmarkt nicht verzichten könne“, so Volker Donk vom Netzwerk. Die Behörde will den Vorschlag nun „prüfen“, sagt der Sprecher. Er weiß im Übrigen auch von Maßnahmen, in denen die Einzelfallprüfung wie versprochen zur Verlängerung der Maßnahme geführt habe.

Einen anderen Vorschlag werde man aber nicht so mir nichts dir nichts aufgreifen: die Projekte wünschen sich, dass Mittel des Arbeitsressorts, die für den ersten Arbeitsmarkt benutzt werden sollten, umgelenkt werden auf den zweiten. Anja Stahmann, die arbeitmarktpolitische Sprecherin der Grünen, weiß, dass von den 25 Stellen, die das Ressort in diesem Jahr auf dem ersten Arbeitsmarkt fördern wollte, nur 10 abgerufen wurden. Trotzdem sollen in den nächsten Jahren über 100 solcher Stellen eingerichtet werden, während die Projekte auf der Stelle treten.

„Die Sache mit den hundert Stellen ist ein Deputationsbeschluss, den wir einhalten müssen“, so der Sprecher der Arbeitssenatorin Hilde Adolf (SPD). Genauer gesagt favorisiert die CDU und deren Arbeitsmarktspezialistin Brigitte Dreyer die Förderung von Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Sie war es auch, die eigentlich mit einer Anfrage Licht ins Dunkel der Förderstruktur und vor allem der dafür verfügbaren Finanzen beim Arbeitsressort bringen wollte. Diese Anfrage hat sie inzwischen zurückgezogen. „Dreyer und das Ressort haben sich geeinigt“, sagt die Pressesprecherin der CDU. Bestandteil dieser Einigung ist jedenfalls, dass das Ressort bis August ein Konzept vorlegen soll, wie die Mittel der Arbeitsförderung in Zukunft verteilt werden sollen.

Die Projekte befürchten aber, das hier nun eine andere CDU-Idee greifen könnte. Die würde nämlich am liebsten die Trägerlandschaft „bereinigen“. Im Gespräch ist die Reduzierung von jetzt 19 auf dann nur noch fünf Beschäftigungsträger in Bremen . Mehr Transparenz erhofft sich die CDU davon. Aber die kleinen Projekte warnen: Da Bremen mit den neuen Gesellschaften Bremer Arbeit GmbH und Bremerhavener Arbeit GmbH versuchen will, Arbeitlose noch „passgenauer“ in Beschäftigungsmaßnahmen zu bringen, brauche man eben vielfältige Projekte. „Wir können viel individueller auf die Leute eingehen“, sagt Maren Bock, „und sie wirklich entsprechend ihren Fähigkeiten beschäftigen und qualifizieren.“

hey