: Ein bisschen von allem, kein Blatt vor dem Mund
■ Zwischen Plattenregalen groß geworden: Songwriter Ben Harper lässt sich auf kein Genre festlegen
Ein Rockstar will Ben Harper keinesfalls sein. Bescheiden ist der 31-jährige Schlaks, der in den USA und Frankreich regelmäßig goldene Schallplatten einheimst. Der Vergleich mit Jimi Hendrix oder Bob Marley, wie ihn Kritiker immer wieder heranziehen, ist ihm genauso lästig wie das Schubladendenken der Journalisten, die ihm so gerne einem Stil zuordnen möchten.
Ben Harper ist experimentierfreudig, und seine Roots sind so vielfältig wie seine Musik. Groß geworden ist er im Plattenladen seiner Eltern und Großeltern. Als Teenager hat er sich durch die wohlgefüllten Regale gefräst. Mit HipHop hat er begonnen, bevor er den Blues für sich entdeckte und damit die Slide Guitar. Monatelang hat er an der Anlage der Eltern verbracht und immer wieder deren Delta Blues-Kollektion rauf und runter gehört, immer wieder hat er damals die Akkorde nachgespielt, verändert und umgestellt. So hat sich Harper das Gitarrespielen beigebracht, und ein guter Freund war es, der ihn mit der „Weissenborn“ bekannt gemacht hat. Diese in den 20er Jahren gebaute akustische Gitarre ist bis heute eines seiner Markenzeichen. Ihr Sound fasziniert ihn, und seine Art auf ihr zu spielen, hat dem Autodidakten viel Lob und eine ganze Reihe Engagements eingebracht. Mit den Fugees, John Lee Hooker und Ray Charles war er auf Tour, wie auch mit Metallica oder Pearl Jam.
Ähnlich vielschichtig ist auch die Musik des locker daherkommenden Songwriters. Ob Gospel, Reggae, Soul, Blues oder Funk – Harper saugt musikalische Einflüsse auf, und irgendwann einmal finden sie sich auf seinen Platten wieder. Vier Stück sind davon bisher erschienen, und jede überrascht. Für die indischen Einflüsse auf seiner zweiten LP Fight for your Mind sind seine Eltern verantwortlich: Sie sammeln Instrumente wie andere Leute Briefmarken. An Tabla, Sarod und Tamboura hat sich ihr Spross natürlich auch versucht und sie in „Excuse me Mister“, einem kritischen Stück über die festgefügte US-Gesellschaft, spärlich eingesetzt.
Ohnehin nimmt Harper kein Blatt vor den Mund, sondern bezieht vielmehr Stellung zu Diskriminierung und sozialen Problemen in seinem Heimatland. So ist „Give a Man a Home“ seine Kritik an einer Gesellschaft, die Obdachlosigkeit ungerührt zur Kenntnis nimmt. Und auch den race relations hat der gottesfürchtige Harper zahlreiche Stücke gewidmet. Auf seinem letzten Album, Burn to Shine, dem bisher rockigsten. Man darf gespannt sein, was Harper beim JazzPort aus seinem breiten Repertoire fischt.
Knut Henkel
heute, 20 Uhr, JazzPort-Zelt/Deichtorhallen
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