: Der Erreger, der aus dem Kühlturm kam
Im südspanischen Murcia sind Hunderte von Legionärskrankheit befallen. Vorwürfe gegen Gesundheitsministerium
MADRIR taz ■ Murcias Innenstadt bietet seit Tagen ein ungewohntes Bild. Die sonst überfüllten Einkaufsstraßen der südostspanischen Regionalhauptstadt sind leer. Nur in der Notaufnahme des Krankenhauses drängeln sich die Menschen. Laboranten in weißen Schutzanzügen turnen derweilen auf den Dächern großer Gebäude herum und entnehmen in zahlreichen Kühltürmen und Klimaanlagen Wasserproben. In Murcia ist die Legionärskrankheit ausgebrochen. 253 Menschen wurden bisher, bei der größten Epidemie der Erkrankung, die zu starkem Husten, Durchfall, Schwindel und Lungenentzündung führt, infiziert. Über 200 wurden ins Krankenhaus eingewiesen. Einer ist gestorben.
Die Bakterien, die die Krankheit hervorrufen, leben im Wasser bei Temperaturen von über 25 Grad. Um sich anzustecken, muss dieses Wasser inhaliert werden. Meist verbreitet sich die Krankheit über den feinen Nebel, den Klimaanlagen und Kühltürme an die Umwelt abgeben. Vor allem ältere, gesundheitlich schwache Menschen werden befallen. Die Krankheit wurde 1976 in den USA entdeckt. 221 Teilnehmer eines Legionärsseminars erkrankten – daher der Name. 34 von ihnen starben. Der Infektionsherd befand sich in der Klimaanlage des Hotels.
Nach intensivem Suchen fand der Gesundheitsdienst der Region von Murcia auch diesmal die Legionärsbakterie in vier Klimaanlagen. Der Erreger hat sich unter anderem im Kühlturm eines großen zentralen Kaufhauses und dem eines Gebäudes der Regionalregierung vermehrt. Die werden jetzt desinfiziert.
Seit 1996 war die Legionärskrankheit in Spanien immer wieder ausgebrochen. Insgesamt erkrankten 500 Menschen, 26 starben. Der Rest konnte mit Antibiotika geheilt werden. Spanien ist das europäische Land, in dem die Krankheit am meisten auftritt.
Wissenschaftler und Presse werfen der spanischen Gesundheitsministerin Celia Villalobos Untätigkeit vor. Denn die Bekämpfung des Erregers ist einfach. Die Kühltürme müssten nur regelmäßig gereinigt werden. Seit November vergangenen Jahres verspricht Villalobos, ein entsprechendes Gesetz zur Vorbeugung der Legionärskrankheit. Doch bis heute wurde es nicht verabschiedet. So liegt es weiterhin bei den Regionen, etwas zu unternehmen.
REINER WANDLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen