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Olympische Spiele für Peking?

Nein

Gegen eine Stadt als Austragungssort der Olympischen Spiele sollten, so verlautet aus IOC-Kreisen, keine staatspolitischen Überlegungen geltend gemacht werden. Ob Menschenrechtsverletzungen dazu zählen, ist umstritten. Doch auch ohne „staatspolitische Aspekte“ spricht vieles gegen Peking: an erster Stelle die Erfahrung, die die Chinesen mit solchen Großveranstaltungen schon gemacht haben. 1999, als zum 1. Oktober der 50. Gründungstag der Volksrepublik anstand, hatte die Führung der Kommunistischen Partei umgerechnet 4 bis 6 Milliarden Mark investiert, um die Hauptstadt in ein Blumenmeer zu verwandeln. Aber am Tag, als das Fest für alle Chinesen stattfinden sollte, durften selbst die Einwohner Pekings das Spektakel, das die Macht legitimiert, nur im Fernsehen „miterleben“.

Nur um in Peking die Luft für Olympia 2008 sauber zu bekommen, will die Stadt bis zu 20 Milliarden Mark ausgeben. Und das, damit in sieben Jahren die Pekinger, nachdem sie alles mit Steuergeldern bezahlt haben, wieder zu Hause bleiben? Nein. Die Olympischen Spiele sollten ein Volksfest sein.

1992 hatte Peking die Asienspiele ausgerichtet. Bürotürme und ganze Wohnviertel wurden im Eiltempo hochgezogen. Kaum waren die Asienspiele vorbei, zeigten sich tiefe Risse in diesen Gebäuden. Viele von ihnen, die die korrupte Stadtregierung mit dem Politibüromitglied Chen Xitong an der Spitze gegen horrende Bestechungsgelder hatte aus dem Boden stampfen lassen, waren bald baufällig. Zwei Jahre später wurde Chen verhaftet.

Bis heute ist nur ein Teil des dreckigen Deals geklärt, allen Beteuerungen der Führung zum Trotz, den Skandal schonungslos aufzuklären. Wer garantiert, dass die zig Milliarden diesmal für die Olympischen Spiele aufgewendet werden und nicht durch die Hände von Staatskadern auf ausländischen Konten landen? Schon 1992 hatten sie der Stadt Peking Bauschutt und leere Kassen hinterlassen. Und jetzt das Ganze noch einmal? Nein. Niemand kann dafür bürgen, dass sich das nicht wiederholt.

Mit dem Hinweis darauf, dass die Bauaufträge wenigstens für mehr Beschäftigung in Chinas Machtzentrum sorgen mögen, haben die Befürworter dies schon eingestanden. Apropos Bauaufträge. Der chinesische Staat treibt schon heute einige Mammutprojekte voran: Ganze Flüsse sollen aus Südchina in nördliche Regionen mit Wassermangel umgeleitet, zigtausend Kilometer Eisenbahntrasse verlegt werden. Wie aus Kreisen der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften verlautet, könnten solche Projekte eine „schlimme Inflation“ auslösen. Immerhin jedoch trügen sie im Gegensatz zu Olympia zur Verbesserung der Lebenssituation vieler Chinesen bei.

Fast all diese Projekte leiden unter Geldmangel. Mangels öffentlicher Finanzhilfe sind selbst nach Berechnung amtlicher Ökonomen die staatlichen Versicherer Chinas pleite. Sollten unter diesen Umständen noch öffentliche Milliarden in ein Weltspektakel investiert werden? Nein. Die Olympischen Spiele sollten einem Austragungsort zwar nicht absichtlich zu großem Reichtum verhelfen. Aber Olympia sollte zumindest eins vermeiden: eine bestehende Krise zu vertiefen.

Dass solche Krisen bevorstehen, leugnen selbst radikale Befürworter des Austragungsortes Peking nicht. Chinesische Hardliner erpressen Taiwan: Wenn Peking den Zuschlag bekommt, gibt es acht Jahre Frieden, heißt es. Chinesische Beamte erpressen ihre Bürger: Wenn Peking den Zuschlag bekommt, gibt es in sieben Jahren reine Luft.

Frieden wahren – ist das nicht das oberste Ziel der chinesischen Außenpolitik, auch ohne Olympia? Gehört es nicht zu den Pflichten einer Stadtregierung, für reine Luft zu sorgen, auch ohne Olympia? Wenn sogar Befürworter mit dem Argument operieren, durch die Olympischen Spiele helfe man China, seine soziale Stabilität zu festigen, riecht es förmlich nach Krise. SHI MING

SHI MING, geboren 1957 in Peking, studierte Germanistik und Jura und arbeitete vier Jahre bei Radio Peking. Seit 1990 lebt er als freier Journalist in Köln.

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