: Carmen beschränkt sich auf das Nötigste
■ Im „Moments“ gab es Popjazz mit den Vokalisten Carmen Cuesta und Peter Fessler
Kann ein Auftritt begeistern, obwohl die Hauptattraktion sich auf der Bühne offensichtlich nur auf das Allernötigste beschränkt? Angekündigt war das erste Konzert der neuen Bremer „Event“-Agentur „Global Village Music“ als „Carmen Cuesta meets Fessler“, doch „Carmen Cuesta singt auch mal kurz ein wenig mit“ wäre ein ehrlicherer Titel gewesen. Vielleicht war die spanische Jazzsängerin unpässlich, vielleicht auch eingeschnappt, weil die Stuhlreihen im Bremer „Moments“ nicht so gefüllt waren wie vor ein paar Wochen im New Yorker „Blue Note“.
Im ersten Set war sie gar nicht aufgetaucht, im zweiten sang sie wohl vier oder fünf Songs, aber dabei ging das Energielevel auf der Bühne auch gleich merklich herunter. Es war wohl nicht ihr Abend: Sie sang mit schöner Stimme, in einigen lyrischen Passagen konnte man auch erahnen, was sie kann, aber alles klang dann doch eher uninspiriert. Und dies fiel umso mehr auf, weil alle anderen Musiker auf der Bühne solch eine Spielfreude und Intensität verströmten.
Es störte also merkwürdigerweise kaum, dass diese neue Vokalistin des Jazz diesmal nicht mit ihrer „geheimnisvollen Stimme die Sinne eroberte“ ( „Jazzpodium“). Vom ersten Stück an übernahm ihr Lebenspartner, der Gitarrist Chuck Loeb, energisch das Ruder. Etwa eine halbe Stunde lang spielte er mit seiner sehr gut eingestimmten Band Smooth Jazz, der zwar hemmungslos kommerziell klang, aber so sympathisch und authentisch präsentiert wurde, dass man schnell mitgerissen war. Loeb spielt in einem sehr gefälligen, singenden Stil – irgendwo zwischen Larry Carlton und Pat Metheny. Und er klingt, als wäre seine Gitarre gerade in Südkalifornien gestimmt worden.
Die Attraktion des Abends war dann aber der Kölner Stimmakrobat Peter Fessler, der sich in seinem Soloset als Mischung aus Jose Feliciano, Bobby McFerrin und Otto entpuppte. Die Ausgangspunkte seiner Songs waren brasilianische Standards und Popsongs, die er dann aber ganz schnell verdrehte, aufbrach und parodierte. Sehr schnell, sehr gefällig und dabei auch sehr nervös-komisch improvisierte er Jazz-Koloraturen, sprang dabei mit Leichtigkeit zwischen drei Oktaven hoch und wieder herunter, und hatte auch sofort einen Draht zum Publikum. Man könnte auch sagen, dieser Luftikus war mehr Performer als Jazzer, und vielleicht wäre das Konzert erst dann wirklich gelungen gewesen, wenn Carmen Cuesta als Gegenpol zu seinen übermütigen Stimmspielereien die Bodenhaftung geliefert hätte.
Das sollte an diesem Abend nicht sein, dadurch war das Publikum zeitweise etwas irritiert, aber Fessler und die Band retteten den Abend. So war es auch bei den Zugaben: Fessler, Loeb und Drummer Wolfgang Haffner (nur mit den Besen auf einem Stuhlpolster) jammten sehr frei und vergnügt über einen Klassiker von Jean „Toots“ Thielemann; Carmen Cuesta sang dagegen eine alte Eigenkomposition, bei der alles richtig, aber nichts weltbewegend war. Das Publikum war's trotzdem zufrieden, wir wünschen entweder gute Besserung oder bessere Laune. hip
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