im zeichen der ringe: Heute wählt das IOC
Ethik pur
Den Rekord an Pannen und Pleiten im Rahmen einer Olympiabewerbung hält eindeutig Berlin, doch elf hyperwichtige IOC-Leute 80 Minuten lang in einem Hotelfahrstuhl gefangen zu halten, das schaffte nur Toronto. Die Mitglieder der Evaluierungskommission zeigten sich nicht nachtragend und gaben der Bewerbung der kanadischen Stadt für die Sommerspiele 2008 das Prädikat „exzellent“, ebenso wie den Kandidaturen von Paris und Peking.
Zufrieden ist Bewerbungschef John Bitove trotzdem nicht. Im medialen Trubel um die chinesische Kandidatur steckt Toronto vor der heutigen IOC-Abstimmung in Moskau ebenso wie die Konkurrenten in einem Publicityloch. Außerdem hält Bitove Peking für überbewertet und bedauert, dass nach dem Korruptionsskandal nur noch die Evaluierer die Städte besuchen durften, nicht aber die übrigen IOC-Mitglieder. Dem pflichten auch Osaka und Istanbul bei, die Minuspunkte von der Kommission bekamen und damit praktisch aus dem Rennen sind.
Allein Paris hat keine Imageprobleme und versucht, den Kampf mit Schmankerln wie Beachvolleyball am Eiffelturm und Springreiten vor dem Invalidendom zu gewinnen. Pech für die Franzosen, dass ihr Ethik predigender Bewerbungschef wegen einer Geldwäsche-Affäre nur gegen Kaution dem Gefängnis entging und dass Europa schon 2004 (Athen) und 2006 (Turin) olympisch ist.
„Nacken an Nacken“ fühlt sich Torontos John Bitove mit Peking, musste jedoch erleben, wie Visaverweigerungen für Sportler aus Osteuropa und Äußerungen von Torontos lockermäuligem Bürgermeister seine Bemühungen untergruben. Als Mel Lastman ein olympisches Meeting in Mombasa besuchen sollte, meinte er: „Ich sehe mich schon in einem Topf mit kochendem Wasser und lauter tanzenden Eingeborenen drumrum.“ Die afrikanischen IOC-Mitglieder waren nicht amüsiert. Torontos Hoffnung: Seit Barcelona 1992 hat kein Favorit mehr die Spiele bekommen. MATTI LIESKE
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