Schimmelpilze: Nebel des Grauens
■ Der Mensch dünstet, der Kochtopf dampft, der Pilz sagt danke
Schimmelpilze in Wohnungen sind auf dem Vormarsch. Ein Drittel sei so stark mit Giften und Pilzen belastet, dass sie nicht bewohnbar seien, behauptet der Lübecker Umweltingenieur Klaus-Peter Böge. Und der Umweltmediziner Ralph Urban warnt: „Gerade die Gefahr durch Schimmelpilze ist lange unterschätzt worden.“ Denn mit den steigenden Ansprüchen an den Wärmeschutz, modernen Baumaterialien und dem erhöhten Wasserverbrauch sind die Chancen, dass eine der 100 wohnungsliebenden Schimmelpilz-Arten einen Platz an Ihrer Wand findet, deutlich gestiegen.
Die Malaise beginnt damit, dass ein Kubikmeter Luft bei 20 Grad Celsius beinahe ein Weinglas voll Wasser in sich tragen kann. Sinkt die Temperatur, verringert sich dieser Wert und es bildet sich Nebel. In einem Zimmer schlägt sich das Wasser an der kältesten Stelle nieder. Das war früher, vom Bierglas einmal abgesehen, das einfach verglaste Fenster. Für das Kondenswasser gab es eine Abflussrinne. Bei modernen Wärmeschutz-Fenstern indes ist die Wand auf der Innenseite kälter als das Fenster. Folglich wird die Tapete feucht und am Kleister labt sich der Pilz.
Allerdings gibt es für den Dampf einen Ausweg: Er kann durch die Wände nach außen dringen. Um das zu fördern, sollte das Wandmaterial nach aussen hin immer durchlässiger werden. Fatal wäre eine geschlossene Gebäude-Außenhaut. Auch eine undurchlässige Bemalung innen verhindert den Abtransport der Feuchtigkeit, und dass die Wand selbst Dampf speichert. Als Speicher spielen auch Möbel und Teppiche eine Rolle, denn es gilt, literweise Wasser aufzunehmen – ein Mensch dünstet täglich einen Liter aus. Dazu kommt je ein halber Liter vom Kochen, Baden und den Pflanzen sowie einer vom Trocknen der Wäsche.
Jede Menge Wasser, das durch richtiges Lüften nach draußen transportiert werden muss. Experten empfehlen Querlüften (bis zu fünf Minuten) oder Stoßlüften (bis zu zehn Minuten) und zwar mindestens zwei bis dreimal am Tag. Außerdem sollten Möbel nicht näher als fünf Zentimeter an die Wand gerückt werden. Wer mit viel Dampf kocht, sollte die Schwaden gleich abziehen lassen.
Wenn man all das befolgt, kann man davon ausgehen, dass der Schimmel auf den Zustand der Wohnung zurückzuführen ist: Ein falsches Fenster-Raumgröße-Verhältnis, Feuchtigkeit aus dem Erdreich, einem Wasserrohr oder vom Dach können Ursachen sein. Zum anderen mag es „Wärmebrücken“ geben: Schlecht isolierte Stellen an der Außenwand, die viel Wärme ableiten.
Egal jedoch, wie der Schimmel entstanden ist: Die Pilze müssen weg. Anfangs helfen Alkohol, Essig und Salmiakverdünnung; haben sich die Pilze richtig eingenistet, nur noch Fachleute. Denn wer will schon Kopfschmerzen, gereizte Augen, entzündete Atemwege, Allergien oder Konzentrationsstörungen haben. Gernot Knödler
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