: Klare Wahl für die Tories
Britische Konservative kriegen zwei diametral entgegengesetzte Kandidaten für die Parteiführung. Abgeordnete kippen den vermeintlichen Favoriten Portillo
DUBLIN taz ■ Michael Portillos politische Karriere ist beendet. Vorgestern unterlag der Favorit für die Führung der britischen Konservativen Partei im dritten Wahlgang bei den konservativen Parlamentariern seinen Konkurrenten Kenneth Clarke und Ian Duncan Smith und schied aus der Stichwahl aus, bei der im September die 330.000 Parteimitglieder ihren nächsten Führer direkt wählen. Clarke, der unter Margaret Thatcher Finanzminister war, hat nun gute Aussichten, neuer Tory-Chef zu werden. Die 166 Abgeordneten, die für die Vorwahl zuständig waren, gaben ihm 59 Stimmen. An zweite Stelle kam der bisherige verteidigungspolitische Sprecher Iain Duncan Smith mit 54 Stimmen – eine mehr als Portillo.
Clarkes Wiederauferstehung hat selbst seine eigenen Anhänger überrascht. Aufgrund seiner europafreundlichen Einstellung, die im krassen Widerspruch zur offiziellen Tory-Politik steht, hatte man ihn bereits abgeschrieben. Iain Duncan Smith gehört hingegen dem rechten Parteiflügel an, Europa ist für ihn ein Schimpfwort. Er sagte, er sei erleichtert, es bis zur letzten Runde im September geschafft zu haben.
„Nun haben wir die Wahl zwischen links und rechts, zwischen europhil und europhob, zwischen einem, der dem Alkohol nicht abgeneigt ist, und einem Asketen“, sagte der Abgeordnete Eric Forth. Sein Kollege Nicholas Soames fügte hinzu: „Die Wahl zwischen Clarke und Duncan Smith ist die physische Inkarnation der Spaltung wegen Europa, die die Atmosphäre in unserer Partei vergiftet hat.“
Portillo, der frühere Rechtsaußen und Thatcher-Zögling, hatte in seiner Wahlkampagne grundlegende Reformen sämtlicher Parteiprinzipien angekündigt. Seine Wandlung zum liberalen Konservativen vollzog er 1997, nachdem er als vorheriger Verteidigungsminister nicht wieder ins Parlament gewählt wurde. Erst durch eine Nachwahl zog er ein Jahr später ins Unterhaus ein. Für den Fall seiner Wahl zum Parteichef hatte er versprochen, die Zahl der weiblichen Tory-Abgeordneten drastisch zu erhöhen, Haschisch möglicherweise zu legalisieren und die öffentlichen Dienste zu modernisieren. Das Thema Europa, das die Partei tief gespalten hat, wollte er hinten anstellen. Portillos Haltung zur Homosexualität war den Abgeordneten jedoch eine Reform zu viel. Zahlreiche Tories verabscheuten Portillo ohnehin, da er zugegeben hatte, in seiner Jugend homosexuelle Erfahrungen gemacht zu haben. Hinzu kam, dass er vorige Woche behauptet hatte, Margaret Thatcher halte ihn für den besten Kandidaten. Sie dementierte prompt. RALF SOTSCHECK
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