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Zum ersten Mal Schnee sehen

■ Seit fünf Jahren gibt es in Hamburg den deutsch-kubanischen Jugendaustausch

Ein Jahr lang hat die Chilenische Jugend- und Kulturinitiative gearbeitet, um die 20.000 Mark für die Flugtickets der kubanischen Jugendlichen zusammenzusparen. In ihren Räumen in der Amandastraße 58 wurden Partys veranstaltet, und auf Straßenfesten haben die Mitglieder des Vereins Essen verkauft. Das Engagement hat sich gelohnt: 15 KubanerInnen landen heute auf dem Hamburger Flughafen.

1996 waren zum ersten Mal Jugendliche aus Hamburg nach Bajamo auf Kuba geflogen. Vor ihrer Abfahrt haben sie zwei Container mit Rollstühlen, Krücken und Fahrrädern vollgepackt. Seitdem wird jedes Jahr ein Container mit Spenden auf die Insel geschickt. „Wir haben schon mit Kuba zusammengearbeitet, als es noch nicht in war“, stellt Vladimir Medalla fest. Er ist einer der Organisatoren des Projektes. Das Amt für Jugend unterstützt den Jugendaustausch, und es gibt in der Zwischenzeit mehr HamburgerInnen im Alter von 17 bis 23 Jahren, die einen Monat nach Kuba fahren wollen, als freie Plätze. „Das liegt auch daran, dass immer mehr Schüler Spanisch anstatt Französisch als zweite Fremdsprache wählen“, meint Medalla.

Kuba hat sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wieder aufgerappelt, und die PauschaltouristInnen erobern die Ferienanlagen der Kabribikinsel. Aber 1000 Mark fürs Flugticket sind für die jungen KubanerInnen immer noch ein Vermögen. Die Jugendlichen werden, soweit es möglich ist, bei den HamburgerInnen untergebracht, die im Jahr zuvor in Bajamo waren.

„Wir möchten unseren Gästen alle Seiten Hamburgs zeigen“, erklärt Medalla. Ein Rathausbesichtigung und ein Ausflug nach Blankenese stehen auf dem Programm. Aber die KubanerInnen werden auch eine Drogenberatungsstelle und die Redaktion der Obdachlosenzeitung Hinz und Kunzt besuchen. Außerdem wird die Gruppe einige Tage nach München fahren und die Zugspitze erklimmen. Für Medalla ist das der Höhepunkt des Programms. „Auf der Zugspitze werden die Jugendlichen zum ers-ten Mal in ihren Leben Schnee sehen.“

Einige der jungen KubanerInnen waren bis jetzt noch nicht einmal in Havanna. Von Bajamo direkt nach Hamburg, da komme es vielleicht zu einem Kulturschock. „Wir versuchen aber, die Jugendlichen auf das, was sie in Deutschland erwartet, vorzubereiten.“ Die Hamburger Bajamo-BesucherInnen und eine Deutsche, die dort lebe, helfen, die Jugendlichen auf den Besuch vorbereite.

Bedenken, dass die KubanerInnen ihrer Heimat auf Dauer den Rücken kehren könnten, hat Medalla nicht. „Wir hatten bis jetzt 100 Jugendliche zu Besuch und keiner ist dageblieben.“ Anders sieht es bei den Deutschen aus. Da, erzählt er, „gibt es einige, die nach Kuba zurückgegangen sind und dort ein Auslandssemester oder Praktika gemacht haben.“

Michaela Soyer

HamburgerInnen, die Interesse an dem Austauschprogramm haben, können sich unter 430 17 44 informieren.

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