Abstinenzler-Kultur: Alternativen zum „Dämon“
■ Erinnerung an eine Kämpferin gegen den Suff: Ottilie Hoffmann
Der Teufel war nicht weit weg. Vom anderen Weser-Ufer grinste Beck & Co. herüber, während Anneliese Hormann drüben in der Jugendherberge gegen den Alkoholmissbrauch referierte. „Wie Greenpeace werden wir uns aber nicht an die Brauereitore ketten“, versicherte die Vorsitzende des Deutschen Frauenbundes für alkoholfreie Kultur in Bremen. Sie erzählte bei Kaffee und Kuchen vor 50 Zuhörern von Bremens ehemaliger Vorkämpferin gegen den Alkohol: Ottilie Hoffmann.
Die Lehrerin und Erzieherin war es nämlich, die 1900 den Bund abstinenter Frauen gründete und mehrere alkoholfreie Speisehäuser schuf. Solche Gasthäuser sollten eine Möglichkeit bieten, den Kontakt mit der Volksdroge zu meiden. Denn die Trunksucht der Männer hatte damals viele Familien in Armut gestürzt. Oft genug wurde bereits am Zahltag die gesamte Lohntüte versoffen. Ein Problem, das die Frauen in ihren wenigen Freiheiten noch mehr einschränkte. Die Kinder muss-ten schließlich versorgt werden.
Als segensreich erwiesen sich die Ottilie-Hoffmann-Häuser während des Ersten Weltkrieges. Mit warmen Speisen versorgten die Einrichtungen die Notleidenden. Nach und nach aber verschwanden die „Ottilies“ von der Bildfläche. Als Letztes blieb zunächst das „Milchhäuschen“ am Osterdeich erhalten. Das Rondell musste Ende der siebziger Jahre aufgrund finanzieller Mängel ebenfalls geschlossen werden – heute ist darin das Cafe „Ambiente“ untergebracht.
Trotzdem versucht auch heute noch der Deutsche Frauenbund für alkoholfreie Kultur die Idee der Ottilie Hoffmann aufrechtzuerhalten und Alternativen zum benebelnden Dämon zu schaffen. „Alkoholismus ist immer noch aktuell, bloß in der Öffentlichkeit in den Hintergrund geraten“, weiß Hormann. Die Gesellschaft belächle immer noch Abstinenzler. Potenziellen Aussteigern werde somit unnötig das Leben schwer gemacht. „Wir versuchen auf die Trinkunsitten hinzuweisen“, erklärt die Vorsitzende des Vereins. Mit ihren Ständen auf privaten und öffentlichen Veranstaltungen konnten zum Beispiel schon einige Tester von der Gesellschaftsfähigkeit der alkoholfreien Mixgetränke überzeugt werden. ff
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