: Rot-Grün. Sonst Schill.
■ Zweite Bürgermeisterin und GALionsfigur Krista Sager im taz-Interview über den Hamburger Lager-Wahlkampf gegen Schill und von Beust
taz: Knüpfen Sie Ihr politisches Schicksal ebenfalls an eine erneute rot-grüne Koalition in Hamburg nach der Bürgerschaftswahl, Frau Sager, so wie es SPD-Bürgermeis-ter Runde vor zwei Wochen im Interview mit der taztat?
Krista Sager: Ja.
Im Klartext: Es wird auch keine Ampelkoalition aus SPD, GAL und der FDP geben?
Ich halte nichts von der Ampel. In Bremen, wo sie probiert wurde, hat sie sich nicht bewährt.
Wenn es für Rot-Grün nicht reichen sollte, würde die Absage an eine Ampel aber faktisch die Senatsbildung von CDU, FDP und Schill bedeuten.
Die käme ohnehin, falls die FDP in die Bürgerschaft kommt. Die hat doch nur eine Funktion als Steigbügelhalter für Schill und für einen Bürgermeister von Beust. Wer Schill verhindern will, muss auf Rot-Grün setzen.
Unions-Spitzenkandidat Ole von Beust hat gestern unter dem Beifall seiner Fraktion erklärt, sich einen Innen- oder Justizsenator Schill vorstellen zu können.
Die CDU hat sich selbst gefangen, sie hat keinen großen Handlungsspielraum. Die kann doch nicht den Wechsel nach 44 Jahren SPD beschwören und am Wahlabend kalte Füße kriegen, falls es eine Mehrheit für eine rechts-rechtspopulistische Koalition geben sollte. Dann können die nicht kneifen.
Handelskammer und Hamburger Wirtschaft würden lieber eine Große Koalition sehen als den Bürgerblock. Schill gilt dort als unberechenbares „Schmuddelkind“, bei SPD und CDU wissen die Nadelstreifen aber wenigstens, woran sie sind.
Auch mit Blick auf die Bundestagswahl nächstes Jahr könnte die CDU es sich nicht leisten, der SPD zum Verbleib in einer Landesregierung zu verhelfen, wenn es eine Alternative gibt. Das wäre ein politischer Offenbarungseid. Also täte auch das liberale Bürgertum gut daran, Rot-Grün zu unterstützen, wenn es nicht von Schill regiert werden will.
Es bleiben also nur zwei Möglichkeiten: Rot-Grün oder Schwarz-Schwarzgelb-Tiefschwarz?
Genau so ist es.
Nach neueren Umfragen liegen diese beiden Lager etwa gleichauf. Für einen Wahlsieg müssten Grüne und Rote wohl noch ordentlich Stimmen mobilisieren.
Ich denke, das wird uns gelingen. Gerade unsere potentiellen WählerInnen wollen am allerwenigsten von Schill regiert werden. Da würden viele rot-grüne Reformprojekte rückgängig gemacht werden, das kann ernstlich niemand wollen.
Sie stehen auch unter dem Druck derjenigen, denen die Grünen viel zu zahm geworden sind und die sich den Regenbogen als linke Opposition in die Bürgerschaft wünschen.
Wer Regenbogen wählen will, um die Grünen zu bestrafen, muss sich über eins klar sein: Es wird eine verschenkte Stimme sein, und es kann die Stimme sein, die Schill erst möglich macht. Wer Reformen will, muss das Gewicht der GAL gegenüber der SPD stärken.
Sie sind die einzige Hamburger SpitzenpolitikerIn, die sich weigert, mit Schill auf einem Podium oder in Diskussionsrunden zu sitzen. Wa-rum verzichten Sie auf die Chance, den Mann argumentativ bloßzustellen?
Ich will nicht dazu beitragen, diesen Mann in den Augen der WählerInnen hoffähig zu machen und in dessen Windschatten damit auch Stimmungen, die mit Demokratie und Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun haben. Die Entlarvungsstrategie basiert auf einer Fehleinschätzung, sie spiegelt Normalität vor. Dazu bin ich nicht bereit.
Interview: Sven-Michael Veit
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