piwik no script img

„Kein Blankoscheck für Schill“

Ole von Beust verteidigt Koalitionsflirt mit Richter Gnadenlos. SPD und Regenbogen fetzen sich über Innensenator Scholz  ■ Von Sven-Michael Veit

Der Freiherr versteht die ganze Aufregung nicht. Er habe „doch gar nicht so Originelles gesagt“, verteidigte Ole von Beust gestern gegenüber der taz seinen Koalitionsflirt mit dem Rechtspopulisten Ronald Schill (taz berichtete gestern). Sein erstes Ziel sei es, bekräftigte der CDU-Spitzenkandidat für die Bürgerschaftswahl am 23. September, die SPD nach 44 Jahren aus dem Senat zu vertreiben.

Dafür gebe es „dieses Mal“ eine echte Chance, weil die Union nicht mehr alleine stehe. Es gebe nunmehr ein „breites Bündnis für den Wechsel“ mit der FDP und eben Schill, der „das Protestpotenzial in eine bürgerliche Koalition einbringen“ könnte. Deshalb würde er auch mit dem gnadenlosen Richter paktieren: „Schill ist mir lieber als eine weitere SPD-Dominanz in dieser Stadt“, so von Beust.

Zudem sei der Law-and-Order-Mann so schlimm nun auch wieder nicht: „Der fordert doch nicht so viel anderes als das, was der SPD-Innensenator Olaf Scholz aus wahltaktischem Opportunismus schon macht“, so von Beust über das repressive Durchgreifen des rot-grünen Senats gegen Dealer hinterm Hauptbahnhof. Von ihm als Bürgermeister werde Schill jedoch „keinen Blankoscheck für dummes Zeug“ erhalten. Wenn dieser „zum Beispiel 2000 neue Polizisten fordert, dann muss ich klarstellen, dass das unbezahlbar ist“.

Die heftige Kritik von GAL und SPD an seinen Äußerungen lassen von Beust kalt. Schill sei „ja kein Rechtsradikaler“ und die Empörung der SPD unglaubwürdig: „In Berlin wollen die mit der PDS zusammen regieren“, kontert von Beust. Und findet, Hamburgs Sozis könnten sich von seinem Demokratieverständnis „eine ordentliche Scheibe abschneiden“.

Über die Politik von Innensenator Scholz gerieten sich gestern der Altonaer SPD-Chef Hans-Christoff Dees und der Regenbogen-Abgeordnete Norbert Hackbusch mächtig in die Haare. Dees nannte Hackbusch einen „geistigen Brandstifter von links“. Dieser habe am Sonntag eine „militante Demonstration“, auf der Scholz mit Gewaltakten – „Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Attentat“ (taz berichtete) – gedroht worden sei, unterstützt und dessen harte Sicherheitspolitik als „rechte politische Scheiße“ verunglimpft. Statt sich dem „Radikalismus zu nähern“, solle Hackbusch besser „Lehren aus dem Entstehen des Nationalsozialismus ziehen“.

Der Regenbogler konterte, Dees' historische Belehrung sei eine „schlimme verbale Entgleisung“. Er habe nur „die politische Realität“ von Scholz' Innenpolitik beschrieben, der „die Parolen des Rechtspopulisten Schill zum Teil wortgleich“ übernommen habe.

Die heiße Wahlkampfphase steht Hamburg übrigens noch bevor.

Weiterer Bericht Seite 7

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen