Zorro à la chinoise

■ Im Kino: „Black Mask“ mit Jet Li ist ein pointenreicher, aber nicht besonders origineller Actionfilm. Im Mittelpunkt steht eine um Menschlichkeit bemühte Killermaschine

Das Actionkino von Hongkong kann kaum noch hopsen, geschweige denn solche atemberaubend artistischen Salti machen wie einst „Peking Opera Blues“, „A Chinese Ghost Story“ oder „Hard-Boiled“. Der Markt ist eingebrochen, die Hoffnungen auf den riesigen Absatz in der Volksrepublik wurden enttäuscht, und die Talente wie Jackie Chan, John Woo und Chow Yun-fat machen längst in Hollywood Filme.

Dorthin sind auch der Regisseur/Produzent Tsui Hark und der Schauspieler Jet Li umgezogen, etwas wirklich Überzeugendes hat man von ihnen seitdem aber noch nicht gesehen. Als ihr Abschiedsgeschenk kann man den 1996 gedrehten „Black Mask“ ansehen, der zwar von Daniel Lee Yan Kong inszeniert wurde, aber durch den typischen barocken Pulpstil des Produzenten Hark auffällt. Er gilt als die teuerste Hongkong-Produktion aller Zeiten, und wirkt dafür oft erstaunlich billig zusammengebastelt.

„Black Mask“ ist ein Science-Fiction-Thriller. Der Held ist ein Android: eine Killermaschine, die sich bemüht, menschlich zu werden. Aber wer jetzt aufwendige Spezialeffekte à la „Terminator“ oder „Blade Runner“ erwartet, wird enttäuscht. Soviel Geld war dann doch nicht da, meist wird im Film nur frech behauptet, dass dieser oder jene ein Cyborg sei, und dann wird wie wild auf sie geschossen, und wenn sie die Kugel wie lästige Fliegen abschütteln, dann müssen sie ja wohl aus Stahl und Bioplasma sein. Die Effekte sind eher auf die Pointe als auf die Illusion angelegt, so etwa bei der einem Menschen ins Herz eingepflanzten Bombe, bei der die Ärzte und Sprengmeister zusammen rätseln, ob sie eine Schlagader oder einen Zünddraht vor sich haben.

Je absurder der Plot sich entwickelt, desto besser. „Black Mask“ wirkt wie eine Comic-Serie, deren Held eigentlich schon alles gemacht hat, so dass die Schreiber die einzelnen Elemente immer absurder und fast schon surreal mischen müssen.

Der Held ist eine chinesische Version von „Zorro“ – ein Superheld mit schwarzer Maske, der als Tarnung einen schüchternen, hilflos scheinenden Bibliothekar spielt. Bruce Lee spielte solch eine Rolle in dem Kung-Fu-Klassiker „The Green Hornet“, und „Black Mask“ ist auch eine Hommage von Jet Li, der als der „Gene Kelly des chinesischen Kampfsports“ gilt, an seinen Vorläufer.

Jet Li wirbelt auch sehr elegant und attraktiv durch die vielen Kampfszenen des Films, und seine kleine schwarze Maske, die aussieht wie aus Wellpappe ausgeschnitten, ist rührend. Die Actionszenen sind virtuos choreografiert, der Film ist oft komisch, immer überraschend und feiert seine Trivialität sehr sympathisch, und dennoch spürt man deutlich, dass er eine Filmperiode beschließt.

Die Geschichte packt nie richtig, wirkt eher wie ein Vorwand für die cineastische Achterbahnfahrt – und diese erwartet man ja ohnehin in einem Hongkong-Actionfilm. Da begeistert nichts mehr wirklich, alles hat man schon vorher frischer und origineller gesehen, und die existenziellen Nöte des Protagonisten wurden schon in „Pinocchio“ tiefer ausgelotet. Wilfried Hippen

„Black Mask“ läuft in der englisch synchronisierten Fassung täglich um 22 Uhr im Kino 46