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Garantiert ohnelustiges Gimmick

Ab Herbst soll „Y“, das Monatsmagazin der Bundeswehr, auch auf völlig harmlose Zivilisten losgelassen werden

Was macht eigentlich Gunter Gabriel? Dank Bild wissen wir, dass der Barde einmal pro Monat ins Kosovo reist, dort seine Gitarre auspackt und den deutschen Truppen ein Ständchen bringt. Für die musikalische Betreuung wolle der „Wahnsinnstyp“ nicht mal Geld: „Das ist doch Ehrensache.“

Der daheim gebliebene Soldat braucht jedoch nicht neidisch zu werden. Auch für ihn hat sich das Verteidigungsministerium etwas ausgedacht. Es hat Y. erfunden, die neue Hauszeitschrift der Bundeswehr. Ihr Name ist abgeleitet vom Nummernschild der Truppe; nur Ignoranten denken dabei an das Kinderheft mit dem Gimmick. Wie Gabriel kommt auch Y. seit April einmal pro Monat. Bisher lag das Heft (Auflage: 73.000) nur in ausgewählten Standorten aus; ab sofort werden bundesweit alle Kasernen beliefert. Im Spätherbst soll das Magazin auch zivile Kioske erobern, vorerst in Städten, in denen die olivgrüne Firma vertreten ist. Karlheinz Hohmann, Vertriebsleiter des Frankfurter Societäts-Verlags, in dem das Blatt erscheint, gibt sich zuversichtlich: „Das Heft kann jedermann ansprechen, der mit offenen Augen durch unser Land läuft.“

Dazu muss man die Bundeswehr dann doch schon sehr mögen. Letztendlich produziert die aus Oberstleutnants, Majoren, Oberfeldwebeln und – ja, doch – auch Journalisten zusammengesetzte Redaktion nichts anderes als eine Vereinszeitschrift. Zugegeben, die Redaktion greift durchaus gute Themen auf: Nachdem es in der Maiausgabe um Sex in der Bundeswehr ging, beschäftigt das aktuelle Heft sich mit „Soldaten ausländischer Herkunft“ und dem „Kampf gegen die Sucht“. Auch zu erfahren, wie der Verteidigungshaushalt entsteht, schadet niemandes politischer Bildung.

Y. freilich dehnt das Finanzen-Thema aus auf 14 Seiten aus, Tenor: Hey Boss, ich brauch mehr Geld. Zum Ausgleich wird auch gern gemenschelt: Chauffeur Heinz Schmies berichtet von seiner Freundschaft zum früheren Verteidigungsminister Manfred Wörner, den er zwölf Jahre lang durch die Lande kutschierte. Und der Leser lernt Julia Pfendtner kennen, die in einer Nonnenschule ausgebildet wurde, den Beruf gewechselt hat und sich jetzt Gefreiter Pfendtner nennen darf. Das freut den Soldaten, und der Zivilist wundert sich.

Gleich sämtliche Klischees bedient der Serviceteil: Da präsentiert Y. die Internetseiten der zehnten Panzerdivision und des achten Gebirgsmusikkorps, und dass ein Bundeswehrblatt keine wehrkraftzersetzenden Reportagen bringt, ist sowieso klar. Auch wenn zum Start des Hefts durchaus kritische Töne angekündigt wurden. Wo die stecken? Sicher nicht in den Interviews mit Generalinspekteur Harald Kujat und Admiral Bernd Heise; die sind ungefähr so kritisch wie eine Stunde Biolek. Und weil das Verteidigungsministerium das Ganze finanziert, kann Y. auch nicht dem Oberchef ans Bein pinkeln. Und so darf auf Seite 6 Rudolf Scharping sagen, dass er von der Abschaffung der Wehrpflicht nun wirklich mal gar nichts hält. Und weil das ja vielleicht nicht jeder gelesen hat, sagt er es auf Seite 20 noch einmal.

Y. ist Teil des neuen Medienkonzepts der Bundeswehr, gebastelt von der Unternehmensberatung Kienbaum: Zum Monatsmagazin Y. kommt die Wochenzeitung Bundeswehr aktuell und die Quartalszeitschrift Information für die Truppe, die es schon so lange gibt wie die Bundeswehr selbst. Die Einzelblättchen von Heer, Luftwaffe und Marine wurden dafür Ende 2000 eingestellt. Neben den Printprodukten soll ein aktuelles Intranet und ein eigenes Bundeswehrfernsehen treten – wobei das noch auf sich warten lässt.

Solange werden die Jungs und Mädels auf den Stuben sich die Zeit vertreiben mit dem Fotorätsel aus Y. – einer Adaption von „Original und Fälschung“ aus der guten alten Hörzu. Natürlich verfremdet Y. keine Rembrandts, die Redaktion hat acht Fehler hat diesmal in ein Foto eingeschmuggelt, das einen Soldaten auf einem KFOR-Panzer zeigt. Überschrift: „Sicherung des serbischen Klosters Sveti Arhandjeli nahe Prizren“. Zu gewinnen: ein Aufenthalt in Warnemünde inklusive einer Fahrt auf einem Schnellboot des dortigen Geschwaders. Das Haager Tribunal anzurufen ist zwecklos. Der Rechtsweg ist wie üblich ausgeschlossen. ALEXANDER KÜHN

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