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Gleichheitsfeindliche Ehe

betr.: „Homos droht der Eheknast“, taz vom 19. 7. 01

Danke für diese Schlagzeile. Mir wird es ewig unbegreiflich bleiben, warum viele Homosexuelle um die Gleichstellung mit etwas kämpfen, das selber nichts als gleichheitsfeindlich und abschaffungswürdig ist. Was für Unheil hat die Institution der Ehe seit Jahrhunderten angerichtet! Wer erwähnt in dieser unsäglichen Debatte, für welchen Terror die kirchliche und staatliche Vergottung der „Keimzelle der Familie“ in den letzten Jahrhunderten verantwortlich ist, ein Terror, der außerhalb von Großstädten zum Teil bis heute andauert? Wer erwähnt das Leid all der „unehelichen“ Kinder? Wer die unnötigen Nöte unverheirateter Schwangerer?

Wer erwähnt die Heuchelei rund um verheimlichte Geliebte und andere Krampfsymptome, die ohne die Institution Ehe, die in spießigen Gemeinden als Statussymbol nicht einmal von Mercedes und Eigenheim übertroffen wird, überhaupt nicht nötig wären? Die irrsinnigen Scheidungskriege, das gequälte erzwungene Zusammenbleiben derer, die die Hürden der Scheidung fürchten? Warum wollen Heinz Müller und Peter Maier den Ernst und Gerda Piefkes gleichgestellt werden?

Oder gibt es doch Morgenluft zu wittern, wenn nämlich die unverheiratet Zusammenlebenden aller sexueller Orientierungen auf die Barrikaden gehen, um wie in Frankreich Gleichstellung mit den Verheirateten zu erkämpfen. Allerdings sollten dann die nicht zusammenlebenden Paare auch gleich nachziehen, denn es gibt wirklich keinen Grund, warum der Staat das Doppelbett von Leuten schützen soll, die längst nicht mehr zum Keimzellen-zweck des Kinderkriegens zusammenziehen bzw. heiraten, und die beiden Einzelbetten des sich vielleicht genauso liebenden und jahrelang zusammenstehenden Paares nicht. Das wäre konsequent. [...] B.C., Berlin

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