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Im Fernweh und Heimweh zu Hause

Und wenn die Reisejournalistin Barbara Schaefer mal nicht reist, macht sie einen Zug durch die Gemeinde

Früher hat Barbara Schaefer die Welt vom Theaterparkett aus betrachtet. Seit fünf Jahren macht sie sich jeweils vor Ort ein Bild von ihr. Ihre Reisereportagen erscheinen u. a. in der FAZ und taz.

taz: Viele würden sagen, du hast einen Traumjob. Du reist durch die Welt und schreibst darüber. Ist der Beruf der Reisejournalistin so traumhaft?

Barbara Schaefer: Für mich ist er absolut traumhaft. Manchmal denke ich: Himmel – und dafür bekomme ich auch noch Geld! Aber man muss ihn auch aushalten, psychisch und physisch. Mir setzen weder Kälte, Hitze noch Jetlag besonders zu. Aber man muss seine sozialen Kontakte pflegen. Mit engen FreundInnen ist es kein Problem, wenn ich mich lange nicht melde. Aber wer meine Lebensumstände nicht so gut kennt, ist irgendwann sauer. Und man muss sich dauernd rechtfertigen, vor etwas davonzulaufen.

Wie bist du überhaupt zum Reisejournalismus gekommen?

Ich bin eigentlich Theaterkritikerin. Aber nach einigen Jahren war es mir zu langweilig, fast jeden Abend im Theater zu sitzen. Ich ging zur Zeitschrift Berge und schrieb dann mehr über Dinge, die draußen und im richtigen Leben passieren. Für eine Reportage fuhr ich nach Tunesien, das gefiel mir sehr und nach und nach war ich immer mehr unterwegs. Jetzt bin ich etwa das halbe Jahr auf Reisen.

Vermutlich sitzt du immer auf gepackten Koffern?

Nö, aber ich kann schnell packen.

Gab es schon Reisen, über die du lieber nichts zu Papier gebracht hättest?

Noch nie. Es gibt immer etwas Interessantes, schön oder negativ – auch darüber kann man schreiben. Aber es gibt die Horrorreise: eine Trekkingtour in Madagaskar. Alle wurden heftig krank, von Malaria über Salmonellen zu gefährlichen Pilzkrankheiten und heftigen Depressionen durch das Malariamittel Lariam. Aber das eigentlich unangenehme war, in einem Land zu sein, das so unendlich arm ist. Als Tourist würde ich da nicht hinfahren wollen. Urlaub in solchen Gegenden finde ich bedenklich, gelinde gesagt.

Spielen Gefühle wie Heim- und Fernweh eine Rolle in deinem Leben?

Ich glaube, sie spielen die zentrale Rolle überhaupt. Wenn ich vier Wochen am Stück zu Hause bin, bekomme ich Hummeln im Hintern. Und wenn ich vier Wochen nicht daheim war, sehne ich mich nach meinem Zeitungskiosk, meiner Cappuccinomaschine, meinen Büchern, nach Berlin, meinen Freunden.

Hat man überhaupt ein Zuhause, wenn man ständig unterwegs ist?

Unbedingt! Denn gerade wenn man im Geiste so heimatlos ist, ist es für mich elementar, einen Ort zu haben, der das Zuhause ist, wo ich mich unterwegs hinsehnen kann, „a place to hang your hat“, hat Bruce Chatwin gesagt. Wenn ich in Berlin nur eine Bruchbude hätte, mit Klamotten und Büchern aus Kartons, wäre ich kreuzunglücklich. Ich lebe erst seit drei Jahren hier, und ich möchte in keiner anderen Stadt mehr wohnen. Sie ist groß genug, dass ich mich immer irgendwie fremd fühlen kann – beste Voraussetzungen für ein Zuhause.

Und was macht eine Reisejournalistin, wenn sie nicht reist?

Einen Zug durch die Gemeinde. Wandern. Ins Theater gehen. Aufm eigenen Sofa sitzen. Und schreiben.INTERVIEW: PETRA WELZEL

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