USA drohen mit Boykott

Im Vorfeld der Antirassismuskonferenz der UNO gibt es einen heftigen Streit um Zionismus und die Anerkennung der Verbrechen des Kolonialismus. Washington setzt Vorbereitungstagung unter Druck

aus Genf ANDREAS ZUMACH

Ist Zionismus als eine Form des Rassismus zu verurteilen? Soll für vergangene Verbrechen von Kolonialismus, Sklaverei und Rassentrennung Entschädigung bezahlt werden? Den heftigen Streit über diese beiden Fragen haben bereits drei Vorbereitungstagungen für die „UNO-Weltkonferenz gegen Rassismus“ vom 31. August bis 7. September im südafrikanischen Durban nicht beilegen können. Sollten sie auf einer heute in Genf beginnenden außerplanmäßigen vierten Vorbereitungstagung, die bis Ende nächster Woche den Enwurf für eine politische Abschlussklärung und für einen Aktionsplan fertigstellen muss, mit Ja beantwortet werden, wollen die Vereinigten Staaten der Weltkonferenz gegen Rassismus erneut fernbleiben – wie bereits 1976 und 1983.

Die UNO-Hochkommissarin Mary Robinson, die als Generalsekretärin für die Weltkonferenz fungiert, hatte sich am Freitagmorgen bei einem Journalistenfrühstück noch vorsichtig optimistisch gegeben. US-Außenminister Colin Powell habe ihr bei einem Gespräch im Juni erklärt, er halte das Anliegen der Weltkonferenz für wichtig und wolle gern persönlich nach Durban kommen wollen. Voraussetzung einer Konferenzteilnahme der USA sei lediglich die „Bereinigung“ einiger Passagen in der Abschlusserklärung.

Was damit gemeint ist, diktierten wenige Stunden nach Robinsons Äußerung zwei Stellvertreter Powells in Washington den ins State Department einbestellten Botschaftern von 31 Staaten ins Notizbuch: die Bush-Administration lehnt die Verurteilung des Zionimus als Rassimus ab, die von einigen arabischen und islamischen Staaten unter Bezug auf eine entsprechende Resolution der UNO-Generalversammlung von 1975 gefordert wird. So weit sind die USA noch im Konsens mit vielen anderen Ländern.

Auch Robinson wies die Forderung zurück mit dem Hinweis, die UNO-Generalversammlung habe ihre Resolution von 1975 im Jahre 1991 aufgehoben. Damit sei das „Thema erledigt“. Robinson ließ durchblicken, auch PLO-Chef Jassir Arafat habe ihr kürzlich bei einem Treffen signalisiert, er wolle die Weltkonferenz nicht an der Zionismus/Rassismus-Frage scheitern lassen.

Doch die Bush-Adminstration will darüber hinaus auch die Verurteilung von Israels Siedlungspolitik als einer „neuen Form von Apartheid“ sowie andere kritische Erwähnungen Israels aus den Entwürfen für die Abschlussdokumente der Weltkonferenz gestrichen sehen. Hierfür düfte Washington selbst bei vielen westlichen Verbündeten keine Unterstützung erhalten.

Beim zweiten Streitpunkt ist eine Einigung, die auch die Bedingungen der USA erfüllt, noch schwieriger. Zum einen wurde die Forderung nach Anerkennung vergangener Sünden von Kolonialismus, Sklaverei und Rassentrennung sowie nach Zahlung von Entschädigung von den afrikanischen Staaten auf ihrer regionalen Vorbereitungskonferenz für Durban einstimmig beschlossen. Die asiatischen Länder stimmten mit großer Mehrheit dafür. Und auch unter den lateinamerikanischen Staaten gibt es einige Befürworter.

Zum anderen sind die westlichen Verbündeten der USA in ihrer Ablehnung nicht so einig, wie beim Thema Zionismus/Rassimus. Die letzten europäischen Kolonialstaaten (Großbritannien, Frankreich, Spanien, Portugal, Niederlande, Belgien) sind zwar ebenso entschieden wie Washington gegen einen Entschädigungsfonds oder die offizielle Anerkennung vergangener Verbrechen. Doch Deutschland und die skandinavischen Staaten haben bislang zumindest die Forderung nach Anerkennung vergangener Verbrechen als „berechtigt“ bezeichnet. Robinson erklärte, die Konferenz müsse sich „auch mit Themen der Vergangenheit befassen“.

Die nächsten Tage dürften zeigen, ob die Differenzierungen in der westlichen Staatengruppe nach der jüngsten Boykottdrohung der USA aufrechterhalten werden. Sollten die USA ihren Boykott schließlich wahrmachen, werden voraussichtlich auch andere westliche Staaten der Konferenz fernbleiben oder nur eine sehr niedrigrangige Delegation nach Durban schicken.