: IT-Spezis maßgeschneidert
Gemeinsam finanzieren das Landesarbeitsamt und Siemens erstmals Fortbildungen von arbeitslosen Akademikern. Den künftigen Softwarespezialisten ist ein Job im Unternehmen schon vorher sicher
von RICHARD ROTHER
Das Landesarbeitsamt und die Privatwirtschaft gehen völlig neue Wege in der beruflichen Qualifizierung von Arbeitslosen. In einem so genannten Public-Privat-Partnership-Projekt werden bei Siemens 22 ehemalige arbeitslose Akademiker zu Softwarespezialisten ausgebildet. Dies gaben beide Partner gestern bekannt. Das Besondere: Die Kosten für die Weiterbildung tragen Arbeitsamt und Unternehmen gemeinsam; Siemens steuert mit rund 33.000 Mark pro Person etwa ein Drittel dazu bei.
Die Teilnehmer erhalten im Gegensatz zu herkömmlichen Qualifizierungsmaßnahmen die Garantie auf eine Arbeitsstelle nach Ablauf der neunmonatigen Weiterbildung. Das Partnerunternehmen beteiligt sich an der Auswahl der Bewerber, bestimmt wesentlich die Ausbildungsinhalte mit und stellt einen Praktikumsplatz. Das Unternehmen erhalte so einen „maßgeschneiderten“ IT-Spezialisten, betonte gestern der Präsident des Landesarbeitsamtes, Klaus Clausnitzer. „Wir sorgen so für eine marktnahe Weiterbildung.“
Im Jahresdurchschnitt nehmen in Berlin und Brandenburg rund 43.000 Menschen an Qualifizierungsmaßnahmen teil. Dafür werden von den Arbeitsämtern fast 1,7 Milliarden Mark ausgegeben – mitunter am Markt vorbei. Die Vermittlungsquoten der Teilnehmer in den ersten Arbeitsmarkt schwanken je nach Maßnahme und Branche. Rund zwei Drittel der Fortgebildeten finden im Duchschnitt einen neuen Job beziehungweise sind nicht mehr arbeitslos gemeldet.
Clausnitzer: „Die Wirksamkeit des Mitteleinsatzes muss passgenau sein, die Weiterbildung muss dem Bedarf des Unternehmens entsprechen.“ Das Projekt sei deshalb auch im Hinblick auf die Green-Card-Debatte eine richtunsgweisende Antwort auf den Fachkräftebedarf der Wirtschaft. „Daran sollten sich viele Unternehmen beteiligen.“
In dem konkreten Fall hatten sich 230 Arbeitslose für die Weiterbildung bei Siemens beworben. Alle Bewerber wurden zu einem Informationsgespräch und einem IT-Eignungstest eingeladen. Fiel der positiv aus, sollten sie sich in einem Auswahlverfahren bewähren. In der Fortbildung wechseln sich theoretische und praxisorientierte Phasen ab. Während der gesamten Maßnahme werden die Teilnehmer über eine Online-Lernplattform von ihren Dozenten bei Fragen und Problemen beraten. Zukünftig sollen die Absolventen Software-Applikationen für die mobile Telekommunikation entwickeln.
Das Berliner Modell hat bereits Nachahmer gefunden. In zwei Monaten startet in Nordrhein-Westfalen ein ähnliches Projekt mit anderen Unternehmen. Das Fortbildungsangebot richtet sich an arbeitslose Akademiker mit und ohne Abschluss sowie an Menschen mit Berufserfahrung in der Informationstechnologie.
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