„Ganz oben fast unabdingbar“

Karriereberaterin Debus beschreibt, wie Doktortitel Eitle befriedigen und den Aufstieg beschleunigen

taz: Wie wichtig ist der Doktortitel heute noch?

Isolde Debus: Es kommt absolut darauf an, was man vorhat. Es gibt zum einen bestimmte Studienrichtungen, da gehört er dazu, da kommt man ohne Doktor nicht sehr weit, obwohl das Kaufen hier nicht so verbreitet ist: Naturwissenschaften oder Medizin etwa. Bei Ingenieuren, Juristen oder Betriebswirten ist das Diplom der reguläre Abschluss. Wer hier in die Vorstandsetage eines Unternehmens aufsteigen oder Repräsentation- und Öffentlichkeitsarbeit für ein großes Unternehmen machen möchte, dem ist die Promotion durchaus zu empfehlen. In diesen Bereichen ist es deutlich leichter mit Doktortitel.

Viele Studierende arbeiten nebenher, es fehlt die Zeit für eine Doktorarbeit . . .

In den Geisteswissenschaften dauert es manchmal fünf bis sechs Jahre, da ist es eine Lebensentscheidung, ob man sich das antun möchte oder nicht.

Ist der Doktortitel meistens nicht nur eine psychologische Schwelle?

Es gibt schlicht eitle Menschen, die den Titel aus egoistischen Gründen wollen. Und das sind dann Kandidaten für das käufliche Erwerben, denen fehlt es am Biss für die wissenschaftliche Arbeit, den haben die nie gehabt. Nach dem Motto: Wenn schon kein Adelstitel, dann Doktortitel. Wer ganz nach oben will, für den ist er fast unabdingbar. Einstiegsgehälter liegen höher, in traditionellen Wirtschaftszweigen wie Industrie oder Banken steigen Promovierte im Schnitt mit runden 15.000 Mark Jahresgehalt mehr ein als Kollegen ohne Doktor. Auch die Aufstiegschancen sind besser, hier ist der Doktor schon ein Türöffner.

Es gibt auch andere renommierte Abschlüsse, wie den MBA. Ist der Doktor denn noch zeitgemäß?

Ja, der MBA steht in manchen Bereichen gleichberechtigt neben dem Doktor. Wer in einem Konzern die internationale Richtung einschlagen will, ist mit einem MBA sogar besser bedient, weil dieser Abschluss international nicht erklärungsbedürftig ist. Der Doktor aber bleibt wichtig, öffnet Türen, macht das Gehalt attraktiv und ermöglicht größere Schritte auf der Karrierleiter.

Haben Sie einen Doktor?

Nein, aber ich überlege gerade, ob es nicht doch sinnvoll wäre. Spaß beiseite: Gerade Frauen haben häufiger das Gefühl, ihre Kompetenz noch auf eine ganz andere Art unterstreichen zu müssen. Da ist der Doktor eine akdemische Weihe und der objektive Beleg dafür, dass sie wirklich gut sind.

INTERVIEW: ARNO FRANK