: Nicht humanitär
■ Seit gestern steht eine Gruppe von Schleusern in Hamburg vor Gericht
Die juristisch schwerwiegends-ten Fälle geschahen unter den Augen der Polizei. Über Monate hinweg hatte sie zu diesem Zeitpunkt bereits Telefone überwacht und beobachtet, wie eine Gruppe afghanischer Männer Landsleute, die illegal in Hamburg waren, nach Dänemark oder Großbritannien weiterschleuste. Als sie schließlich festgenommen wurden, hatten sie bereits 113 Menschen auf diesem Weg aus Deutschland herausgebracht. Die Afghanistan-Flüchtlinge wurden von der Polizei festgesetzt. Ihre Fluchthelfer stehen seit gestern wegen Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz vor dem Landgericht.
Wenn sie gestehen, bot das Gericht an, kommen vier der fünf Angeklagten mit Bewährungsstrafen davon. Sie gelten noch als Jugendliche oder Heranwachsende, ihr Tatbeitrag bestand darin, die Flüchtlinge ein paar Tage in Hamburg zu versorgen, ihnen Zugfahrkarten zu kaufen oder sie zum Hauptbahnhof zu begleiten. Nur der Kopf der Gruppe, der 24-jährige Davud R., muss mit einer mehrjährigen Gefängnisstrafe rechnen. Er habe die Taten in Hamburg organisiert, so die Anklage, und in einem Fall beispielsweise 15 AfghanInnen „unter menschenunwürdigen Bedingungen“ in einer Bunkerwohnung nahe der Süderstraße untergebracht.
Die Angeklagten waren nur für den Transport der Flüchtlinge aus Deutschland heraus zuständig, „ein geringerer Schuldgehalt, als wenn sie versucht hätten, hier einen dauerhaften illegalen Aufenthalt zu begründen“, wie Rechtsanwalt Thomas Bliwier zu bedenken gibt. Der Staatsanwalt hält dagegen, dass es gerade die typische Struktur der Organisierten Kriminalität (OK) sei, dass die einzelnen Mittäter nur einzelne Arbeitsschritte leisten. Der Kopf dieser Organisation, so seine Recherchen, sitze in Prag oder Moskau. Insgesamt hätten die Flüchtlinge um die 8000 Dollar für die Reise von Kabul nach Dänemark oder England bezahlen müssen. Davon fielen rund 1000 Mark für die Hamburger Fluchthelfer ab.
„Aus Humanität haben sie nicht gehandelt“, so der Staatsanwalt. Auch dann wären sie allerdings vor Gericht gelandet. Denn strafbar macht sich auch, wer ohne finanzielle Gewinnabsicht „Beihilfe zum Verstoß gegen das Ausländergesetz“ leistet. Elke Spanner
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