: Lieber ohne Frauen
■ Der Frauenfußball wartet seit Jahren auf den Durchbruch / Auch die größten Anhängerinnen von Werder finden kein Gehör bei den hohen Herren
Frauen und Fußball? Das passt doch nicht zusammen! Oder doch? Obgleich die Nationalelf vor kurzem erst ihren Europameistertitel verteidigen konnte, spielen Frauen beim Kick gegen die Ochsenblase eine Exotenrolle. Eine Profiliga wie in den USA bleibt für deutsche Fußballerinnen in den nächsten Jahren weiter nur ein frommer Wunsch. Das Interesse am weiblichen Pendant des Männersports ist zu gering. Dennoch gibt es auch in Bremen unermüdliche Kickerinnen, die so manche Herren locker ausspielen könnten.
18 Damen-Kader und „eine verschwindend geringe Anzahl von Mädchenteams“, so die Auskunft vom Bremer Fußball Verband, sind beim BFV eingetragen, die diversen Freizeitequipes sind nicht eingeschlossen. Der ATS Buntentor ist gerade in die Regionalliga aufgestiegen. „Endlich ist wieder ein Bremer Team in der zweithöchsten deutschen Spielklasse“, freut sich Trainer Markus Mahnken über den Erfolg, der in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurde. Seit sieben Jahren trainiert er Fußballe-rinnen. „Anfangs war es ein wenig ungewohnt“, erinnert sich Mahnken. Frauen seien emotionaler, so dass er auf den Umgangston achten müsse. „Ich achte auch auf die weiblichen Namen für die Spielpositonen “, erzählt der Coach. Nur den femininen Begriff für Mannschaft lehne er ab. „Es hat bislang keine Spielerin verlangt, Frauschaft zu sagen.“
Diese Forderung würde wahrscheinlich die Aktzeptanz in der Männerdomäne erschweren. „Dumme Sprüche gibt es genug“, erzählt Tanja Blehning. Die Sportstudentin spielt seit Schulzeiten Fußball und trainiert den Nachwuchs beim ATS Buntentor. „Der Zulauf ist leider gering“, stellt sie fest und hofft ein bisschen auf eine Sogwirkung nach dem EM-Titel. „Frauenfußball ist in den Medien kaum präsent“, ärgert sich Blehning. Manchmal werde die Leidenschaft für die zweitschönste Nebensache der Welt von den Eltern gestoppt. Dabei seien es gar nicht die Väter, die ihre Töchter am Kicken hinderten, sondern die Mütter fänden den Sport oft zu hart. „Die Lust am Fußball ist bei vielen Mädchen vorhanden, sie müssen sich nur trauen“, ist Blehning überzeugt.
Den Mut, ihren Lieblingssport auszuüben, haben Sarah und Judith Günther aus dem Regionalligakader schon seit Kindesbeinen. Den beiden Zwillingsschwestern wurden die Trikots, Shorts, Stutzen und Stollenschuhe so gut wie in die Wiege gelegt. Ihre Mutter ist selbst Fußballerin. Sarah absolviert sogar schon internationale Einsätze. Mit der U-18 Nationalelf wurde die Mittelfeldspielerin Europameisterin. Angebote aus der Bundesliga lehnte sie bislang ab. „Ich will die Schule beenden, dann sehe ich weiter“, plant Sarah. Hierzulande könne sie mit Fußball nicht das große Geld verdienen. Vielleicht zahlt sich ihr tägliches Training irgendwann aus und der 18-Jährigen gelingt der Wechsel über den großen Teich. „In den USA ist Frauenfußball ziemlich angesagt“, weiß Sarah. Mit Mia Hamm gibt es einen richtigen Star, der große Popularität genießt. In Deutschland sind trotz des EM-Titels kaum Namen bekannt.
Der Trainingsplatz des ATS Buntentor liegt in Sichtweite des Weserstadions. Einmal haben die Zwillinge dort gedribbelt, gepasst und Tore geschossen. „Das war ein tolles Gefühl, leider waren nur hundert Zuschauer anwesend“, gibt Judith zu. Vor ausverkauftem Hause möchte die Abwehrspielerin ihren Gegnerinnen das Leben schwer machen.
Der SV Werder selbst wird diese Chance nicht bieten. Der Verein hat keine Damenmannschaft. Die grün-weißen Farben hält die Mädchengruppe des Fanprojektes hoch. „Im Ligabetrieb sind wir nicht, wir treten bei Fanturnieren an“, erläutert Petra Kück. Die angehende Sozialpädagogin leitet jeden Freitag im Sportgarten das Training der fußballverrückten Werderanhängerinnen. „Die Mädchen sind selbst in Vereinen aktiv und kicken nahezu jeden Tag, aber Werder zeigt kaum Interesse“, bedauert sie. Anfragen der Gruppe, ein Team im Verein zu gründen, seien von Sportdirektor Klaus Allofs abgewimmelt worden. „Frauenfußball besitzt eben keine Lobby“, stellt Kück fest.
Mit dem Männersport könne die weibliche Variante nicht verglichen werden. „Das Spiel ist nicht so hart und schnell“, meint Kück. Vielleicht ist das ein Grund, warum die Damen kaum Zuschauer auf die Sportplätze locken. Ein Team aus der Frauenbundesliga könne auch gegen eine fünftklassige Herrenriege verlieren. „Wenn wir aber einem Mann den Ball abnehmen, ärgert ihn das ganz besonders“, weiß Kück aus mehrfacher Erfahrung.
Florian Fiene
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