berliner szenen: Feierabendfreiluftkino
Von Decken aus
Es ist zurzeit nicht ganz einfach, eine angemessene Form zu finden, beim Nachtleben mitzumachen. Auch in dieser Zeitung hat sich Ratlosigkeit breit gemacht. Die einen schreiben nur noch über das Nichts in Berliner Bars, andere verbringen ihre freie Zeit bis in die Nacht an den unerträglich menschelnden Stränden der Berliner Seenlandschaft. Einige sind gleich ganz ans kühle Nass oder gar nach Polen geflüchtet. Die einzige Art, die mir gerade einfällt, das Feierabendproblem zu umgehen, ist das Freiluftkino. In Berlin gibt es meines Wissens nach sieben, in zwei davon gehe ich immer. Neulich, im Freiluftkino im Bethanien, war es ganz einfach, Freikarten zu gewinnen. Von 500 Besuchern hatten nur neun am Gewinnspiel teilgenommen. Als der dritte Gewinner seine Karte nicht abholte, drohte der Ansager bei zunehmendem Gemaule im Publikum: „Ruhe oder der Film entfällt.“ Überhaupt bietet das Freiluftkino allerhand Vorteile gegenüber dem geschlossenen. Man kann sich heimlich den eigenen Wein mitbringen, billig Knackwurst erstehen und nebenher Glühwürmchen und Fledermäuse beobachten. Einziges Hindernis sind die unbequemen Sitzgelegenheiten, die übrig bleiben, will man bei schönem Wetter nicht schon eine Stunde früher kommen. Besser als auf Bierbänken sitzt man übrigens vor Bierbänken, die man einfach auf die Erde legt, so dass man was im Rücken hat, wenn man auf der Erde sitzt. Das Problem mit Decken ist nicht nur, dass man sie selbst mitbringen, also schleppen und immer mal waschen muss, sondern auch, dass ein Film von Decken aus ganz besonders spannend sein sollte. „Berlin Babylon“ ist zum Beispiel kein Film für Decken. Der lief neulich als Preview im Freiluftkino Friedrichshain. Trotz vieler lustiger, entlarvender O-Töne von verstrahlten Stararchitekten wirkten die langen Kamerafahrten über Kräne sehr einschläfernd. SUSANNE MESSMER
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen