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WTO blockiert sich selbst

Drei Monate vor der Konferenz in Quatar sind die Gegensätze zwischen Nord und Süd stärker als 1999 vor Seattle. EU will über Umweltstandards verhandeln und soll dafür Agrarsubventionen abbauen

aus Genf ANDREAS ZUMACH

„Viele Staaten wollen eine neue Verhandlungsrunde zur weiteren Liberalisierung des Welthandels, aber nicht über ein einziges Thema dieser Runde gibt es bislang eine Einigung.“ So beschrieb Mike Moore, Generalsekretär der Welthandelsorganisation (WTO) diese Woche in Genf den Stand der Vorbereitung für vierte Ministerkonferenz der WTO. Sie soll die Anfang November in Quatars Hauptstadt Doha stattfinden.

In der Abgeschiedenheit des Wüstenstaats am Persischen Golf, der unliebsame Demonstranten und Globalisierungskritiker durch Visaverweigerung aussperren will, soll eine neue Verhandlungsrunde eingeläutet werden. Ein erster Versuch scheiterte bei der dritten WTO-Ministerkonferenz im November 1999 in Seattle an Streitigkeiten zwischen der EU und den USA sowie an Interessengegensätzen zwischen den reichen Industriestaaten und den armen Ländern des Südens. Auf der Sitzung der WTO-Staaten diese Woche in Genf wurde deutlich, dass die Differenzen seitdem zugenommen haben. Die Länder des Südens führen eine doppelte Klage gegen die Umsetzung der seit der WTO-Gründung 1994 vereinbarten Handelsliberalisierungen. Zum einen hätten sie sich von den vier Wirtschaftsriesen des Nordens – USA, EU, Japan und Kanada – „unrealistische und unfaire Bedingungen aufnötigen“ lassen. Die WTO verlängerte daraufhin für einige Länder die Frist, handelsbezogene Investitionsmaßnahmen umzusetzen auf kommenden Dezember.

Zum anderen werfen die Länder des Südens den Industriestaaten die „unzureichende Implementierung“ ihrer Verpflichtungen aus den bisherigen Handelsvereinbarungen vor – besonders bei der Öffnung der Märkte für Agrarprodukte, Textilien und andere Waren aus dem Süden. Eine Erfüllung dieser Verpflichtungen machten Indien, Malaysia und Pakistan zur Bedingung für eine neuen Verhandlungsrunde. Ohne ein deutliches Entgegenkommen von der EU, den USA, Japan und Kanada beim Thema Implementierung wird es auch keinen Konsens über andere Themen geben.

Die EU drängt auf Verhandlungen über Wettbewerbs- und Investitionsregeln sowie auf die Einführung von Umweltnormen in internationale Handelsvereinbarungen. Letzteres wird von Indien und den USA noch als „verkappter Protektionismus“ abgelehnt. Nur wenn die EU ihre als „starr“ kritisierte Haltung gegenüber einer weiteren Liberalisierung des Agrarmarkts aufgibt und Agrarsubventionen weiter abbaut, werden den gewünschten Themen Chancen eingeräumt.

Das vorrangige Interesse der USA gilt den laufenden Verhandlungen über die Liberalisierung öffentlicher Dienstleistungen. Washington kalkuliert, dass eine neue WTO-Runde zusätzliche Spielräume schafft für Gegengeschäfte und damit mehr Möglichkeiten zur Durchsetzung der eigenen Interessen auf dem Dienstleistungssektor. Ob und mit welchem Mandat die Bush-Administration überhaupt an einer etwaigen neuen Verhandlungsrunde teilnehmen könnte, ist derzeit allerdings ungewiss. Am Mittwoch verweigerte das republikanisch geführte Repräsentantenhaus dem Präsidenten ein „Schnellspurmandat“ für die Aushandlung von Verträgen, die dann vom Kongress nicht mehr verändert, sondern nur noch im Ganzen angenommen oder abgelehnt werden können. In Washington wird mit einer entsprechenden Entscheidung des Senats Mitte September gerechnet. Dann wollen auch die WTO-Staaten in Genf zu einer erneuten Bestandsaufnahme der Vorbereitungen für Doha zusammenkommen.

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