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Die Identitäts-Stifter

■ „Einzigartigkeit“ ist pures Geld wert in der modernen Ökonomie / Eine Bremer Agentur hilft Firmen bei der Suche nach Leitbildern / Auch die Mitarbeiter sollen profitieren

Das Furchtbarste, was einem Produkt heutzutage zustoßen kann, sei es ein Haarwaschmittel, eine Bank, ein Krankenhaus oder ein Kondom, ist es, „me too“ zu sein: austauschbar, eines wie das andere, ohne eigene Identität. Bei den Shampoos etwa, sagt Almut Röper, 40, seien es praktisch immer langhaarige Frauen, die dem Fernsehvolk Glanz & Spannkraft vorexerzieren. Die Geschäftsführerin der Bremer Agentur in(corporate communication + design GmbH und ihre Mitarbeiter kümmern sich darum, dass es weniger dieser Me-too-Produkte in der Welt der Dinge und – vor allem – der Dienstleistungen gibt. Motto: Wir kämpfen um ihre Identität.

Kein einfaches Vorhaben in einer Zeit, wo Images nur so wuchern und jede Klobürste mit Lebensgefühl aufgeladen wird. Doch die Bremer, die sich selbst zu den Top Ten der deutschen Corporate-Identity-Agenturen rechnen, vertreten ein weit gefasstes Konzept von „CI“, wie der aus dem Amerikanischen stammende Begriff abgekürzt wird. Es gehe eben nicht nur um Design aus einem Guss, um Anzeigen, Briefbögen oder Firmenfahrzeuge, erklärt Röper. Es geht ihr um „Einzigartigkeit“ und um etwas, dem alle Welt mittlerweile nachtrauert, weil es einem täglich mehr entgleitet – um Leitbilder. Die gibt es nämlich noch, wenn man ordentlich danach sucht – oder sich selbst welche macht. Also: Was ist der Kern der Sache? Und wo soll es hingehen?

Das haben sich die in(corporate-Leute, die auf den vier Ebenen eines modernisierten Altbaus am Ostertorsteinweg arbeiten, zum Beispiel beim Düsseldorfer Handelshaus Lang & Schwarz gefragt, für dessen Geschäftsbericht sie jetzt mit einem schicken Preis des Kommunkationsverbandes Deutschland ausgezeichnet wurden. Die Wertpapierhändler wollten an die Börse, doch es habe einfach die passende „Story“ gefehlt, erzählt Röper. Also erfand man die Internet-Figur Cindy Cyber samt Website, um das bisher eher zurückhaltend auftretende Unternehmen als „E-World-Broker“ zu positionieren. Man entwarf beispielsweise außergewöhnliche Druckschriften und noch einiges mehr. Zuvor hatte man den USP erarbeitet (aufgepasst: „unique selling proposition“) und mit Hilfe externer Berater die unübersichtlichen Firmenstrukturen sortiert.

Dass sich hier Werbung und Unternehmensberatung vermischen, zeigt sich auch daran, dass die „Werte“, nach denen die CI-Spezialisten gemeinsam mit ihren Auftraggebern fahnden, eben nicht nur an die Kundschaft draußen adressiert sind: Es sei halt wichtig, den Mitarbeitern feste Identifikationsgrößen zu bieten, sagt die Geschäftsführerin, sei es der Kunde, die Qualität, der Fortschritt oder das Team an sich. Und letztlich hebe das auch die Mitarbeiterzufriedenheit, um die etwa in der Multimedia-Branche lange Zeit mit fast allen Mitteln gebuhlt wurde. Werte sind eben dazu da, gelebt zu werden – auch wenn am Ende der schnöde Mehrwert steht.

„Den Leuten wird bewusst, dass sie mehr brauchen als gute Werbung“, meint die Informationsdesignerin, eine ehemaligen Grundschullehrerin, die bereits während ihres Studiums erste Werbeerfahrungen bei einem Kasseler Sacckarrenhersteller sammelte. Heute hat sie gemeinsam mit Karsten Unterberger 50 feste MitarbeiterInnen in Berlin und Bremen, wo in(corporate 1993 gegründet wurde. Jahresumsatz 2000: 13,2 Millionen Mark mit Projekten in ganz Deutschland. Und das schönste: Im Bremer Entreé schwimmen exotische Fische in einem Breitwandaquarienpalast. Identifikationsobjekte?

Auch die Bremerinnen und Bremer sind Adressaten der CI-Spender aus dem Viertel mit ihrem Erfolgsrezept „fokussieren, homogenisieren, penetrieren“, das auf die möglichst vollkommene Durchdringung der interessierten Umwelt mit der jeweiligen Firmenbotschaft abzielt. Der forsch-selbstverständliche Auftritt der hiesigen Sparkasse („Wir sind Finanzdienstleister“) geht ebenso auf ihre Kappe wie der schon einige Zeit zurückliegende Wandel des Rotes-Kreuz-Krankenhauses zur „Dienstleistungsmarke“ mit preisgekrönten Aufnahmeunterlagen, einer eigenen Managmentbibel, neuen spielerischen Piktogrammen und einer Caféteria ohne Kantinenmuff. Auch die auf jüngere, preisorientierte Adressaten zielende nordcom-Kampagne haben sich die Designer, Werbekaufleute und Marketingspezialisten am Ostertorsteinweg ausgedacht.

Die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Kunden ist Almut Röper zufolge dabei nicht mehr als ein „Prozess, der nie endet“. Fast wie im wirklichen Menschenleben, scheint es, nur, dass hier der Me-too-Faktor eine ganz andere Tragweite hat als bei so etwas wie der Kreation eines ultimativen Haarwaschmittels. Also: Gebt mir ein Leitbild!

Milko Haase

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