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Desasterjahr an den Börsen

Kleinaktionäre ziehen ihre Jahresbilanz. Trotz drastischer Kursverluste: Deutsche Topmanager lassen sich fürstliche Aktienoptionen genehmigen. Als Vorreiter gilt DaimlerChrysler, besonders üppig wird es bei der Deutschen Telekom

von REINER METZGER

„2001 geht als das Jahr der größten Kapitalvernichtung in die Annalen der Börse ein“, sagte der Vorsitzende der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK), Klaus Schneider, gestern in Frankfurt am Main. Zu den größten Sündern unter den deutschen Firmen gehört laut SdK die Deutsche Telekom mit einer „Wertvernichtung“ per fallenden Aktienkurs von gigantischen 200 Milliarden Euro (391 Milliarden Mark) binnen Jahresfrist.

Der SdK hat inzwischen 12.000 Mitglieder, so die Angaben auf der gestrigen Jahresbilanz des Verbands. Er ist nicht nur auf Hauptversammlungen von AG präsent, sondern betreibt auch diverse Dienstleistungen (siehe www.sdk.org).

Ärgern mussten sich die Kleinaktionäre in den vergangenen Monaten auch über die Bezahlung von deutschen Vorständen. Die hiesigen Manager haben sich in den letzten Jahren nicht nur Festgehälter genehmigen lassen, die bei Großunternehmen etwa zehnmal so schnell stiegen wie die ihrer Arbeiter. Bei vielen Konzernen kommen neuerdings noch einige Millionen Mark pro Jahr duch Aktienoptionen hinzu.

Als bekanntestes Beispiel in Deutschland für diese lukrative Art des Nebenverdienstes galt lange DaimlerChrysler. 96 Millionen Aktien erhalten 6.500 leitende Angestellte zu einem bestimmten, billigen Festpreis – wenn der Aktienkurs 20 Prozent über den Referenzwert von 62,30 Euro steigt. 15 Prozent der Aktienoptionen sind für die Vorstände um Jürgen Schrempp reserviert. Daimler weigert sich jedoch zu sagen, zu welchem Preis die Aktien dann über den Tisch gehen werden, und wurde deshalb von den Kleinaktionären verklagt – bisher erfolglos.

Das Daimler-Beispiel macht Schule im Land, zum Beispiel bei der Siemens-Tochter Infineon oder der Deutschen Telekom AG samt ihrer Tochter T-Online.

Der von der Hauptversammlung der Telekom Ende Mai genehmigte Optionsplan 2001 sieht bis zu 120 Millionen verbilligter Aktien für die Führungskräfte vor. Dabei werden die Manager in fünf Klassen eingeteilt, je höher die Klasse, desto mehr Aktien zum Festpreis erhält der Betroffene. Für den achtköpfigen Vorstand sind maximal 18 Millionen Aktien vorgesehen. Üblich ist dabei: der Chef das Doppelte wie einfache Vorstände. Nach dieser Schätzung entfallen auf den Vorstandsvorsitzenden Ron Sommer 4 Millionen Aktien.

Die Tauschrechte können über fünf Jahre gestreckt beantragt werden, es gilt der jeweils aktuelle Kurs. In Bargeld oder Aktien eintauschen lassen sich die Aktienoptionen dann zehn Jahre lang. Zehn Jahre hat der Kurs der T-Aktien also Zeit, auf ein für die Manager rentables Niveau zu steigen. Bei bescheidenen 2 Prozent Kursgewinn pro Jahr, so die SdK, sind es für Ron Sommer innerhalb der zehn Jahre schon etwa 157 Millionen Mark extra zu seinem geschätzten Jahresgehalt von 3,6 Millionen Mark. Auf der Hauptversammlung nannte Sommer dies „reine Zahlenspielereien“, die in der Realität nicht eintreten könnten – vermied jedoch jede konkrete Aussage.

Sollte der Kurs der T-Aktie gar wieder auf den Ausgabepreis des dritten Börsengangs vom Juni 2000 steigen, würden einige Herren bei der Telekom richtig vermögend. Damals hatten viele Kleinaktionäre samt Rabatt 63,50 Euro pro Aktie bezahlt. Steigt der Kurs der T-Aktie wieder dorthin, so errechnete die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, müsste die Telekom allein ihren Topmanagern 340 Millionen Euro zahlen. Gestern nachmittag lag der Kurs bei 24,50 Euro, also nahe dem Tiefstkurs der letzten drei Jahre.

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