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Vier Wälder, viel Schaden

■ Bis zu 40 Prozent der Bremer Eichen sind krank / Eine Bestandsaufnahme der vier Bremer Wälder zwischen saurem Regen und Treibhauseffekt

eit zwei Jahren geht es dem Wald gut, bemerkt Bürgerparkdirektor Werner Damke. Und erinnert an den „Eichenwickler“, eine Raupe, die vor ein paar Jahren die Blätter der Eichen fraß. „Das war richtig zu sehen“.

In diesem Jahr allerdings konnten Bremens Wälder aufatmen. Das Frühjahr war kühl und die fiesen Blattfresser darbten. Viel Wald hat Bremen aber ohnehin nicht zu bieten, weder Spaziergängern noch Eichenwicklern: Auf 200 Hektar kommt Bremen (ohne Bremerhaven), das ist weniger als ein Prozent der stadtbremischen Fläche. Der Bundesdurchschnitt liegt dagegen bei 30 Prozent.

Vier Wälder zählen zu Bremen: der Lüssumer Wald, der Löh Wald, der Knops Wald (alle drei Bremen Nord) und der Stadtwald. Für einen echten Naturwald sind allerdings alle Flächen zu klein.

Aber in dieser Region würden, auch wenn man alles komplett der Natur überließe, sowieso keine dichten Wälder wachsen. Dazu ist es zu feucht, zu kühl und das Grundwasser liegt zu hoch. Hier reicht es maximal zum „Auwald“, zum Beispiel der so genannte Erlen-Bruchwald, wo auch schon mal ein Baum liegen bleiben kann, der im Winter, von Eis und Schnee gefällt, zu Boden ging.

Die zwei wichtigsten Bäume auch in Bremen sind die Eiche und die Buche. „Wenn Sie unter einer alten Buche stehen und nach oben schauen, dürfen Sie den Himmel nicht sehen“, erklärt Helmut Oporek, technischer Angestellter beim Gartenbauamt in Bremen-Nord. Aber: Was heißt alt bei einer Buche? Und warum eigentlich darf der Himmel nicht zu sehen sein? Die Antwort heißt: Eine Buche kann bis zu 150 Jahre alt werden und wenn der Himmel zu sehen ist, bedeutet das, dass die Krone nicht dicht ausgebildet ist und der Baum krank ist.

Auch in Bremen sind Bäume krank – selbst ohne Eichenwickler – und das ist manchmal ganz deutlich zu sehen. Nadelhölzer, die hier zwar nicht in rauen Mengen auftreten, zeigen zum Beispiel oft den Lamettaeffekt (mit herabhängende Nadeln) oder das so genannte Storchennestsyndrom (mit platten Spitze) eine Schädigung an. Laubbäume zeigen ihre Krankheit dagegen durch abgestorbene Äste, die aus der Krone ragen, und geringerem Blattwuchs.

Aber Laubbäume haben einen Vorteil: Sie verlieren ihre Blätter im Herbst und können sich jeden Herbst erholen. Nachgeholfen wird alle drei bis fünf Jahre mit Kalk – der hier noch mit Hand ausgestreut wird, in den anderen Bundesländern und ihren großen Waldflächen geht das per Hubschrauber. Kalk-Düngung soll die Auswirkungen des sauren Regens (niedrigen pH-Wert des Bodens) ausgleichen.

Helmut Oporek liegt besonders die Eiche am Herzen. Sie ist in den Wäldern in Bremen-Nord immerhin zu 40 Prozent geschädigt. Die Buchen zu 25 Prozent. Allen anderen Laubbäume wie Erle, Esche, Hainbuche, Ahorn und Linde geht es deutlich besser: Als geschädigt gelten nur fünf Prozent. Im Bürgerpark werden die kranken Bäume regelmäßig herausgeschlagen. Allein stehende Baumriesen haben es besser: Die kriegen eine Extra-Portion Kalk und Humus zum Hochpäppeln.

Dass im Bürgerpark und auch im Stadtwald heute die Bäume gut aussehen ist der so genannten „Verjüngung“ zu verdanken, dem Nachpflanzen von Bäumen. Alte Bäume sind oft kränker als junge. Kranke Bäume zu entfernen sei kein Trick, sondern eine Pflegemaßnahme, so Werner Damke. Wenn der Bürgerparkdirektor auch darauf besteht, im Bürgerpark keinen einzigen Baum zeigen zu können, der vom sauren Regen geschädigt ist – „die Ursachen sind zu komplex“ – gibt er mittlere bis starke Schädigung zu. „Auch im Bürgerpark sind die Eichen zu 40 Prozent krank“, sagt Damke. Er weiß, dass die gute Situation in diesem Jahr auf wackeligen Füßen steht. Aber er hat im Moment mehr Angst vor Klimaveränderungen und Treibhauseffekt als vor saurem Regen. Eine Hitzewelle zum Beispiel ließe die Schäden der Bäume wieder hervortreten. Gudrun Fischer

Wer einen Buchen-Hallenwald und lichten Feuchtwald sehen will, muss zur Ökologie-Station nach Bremen-Schönebeck fahren.

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