: Beck's-Jobs sicher – wie lange noch?
■ Die kleine Bremer Bier-Globlisierung: Heute braut Beck's mit 1.000 Arbeitern weniger doppelt so viel Bier wie vor 20 Jahren
Nummer zwei der Welt schluckt die Nummer vier in Deutschland – ist doch nichts dabei, oder? Der Aufschrei der von der großen Bremer Bier-Globalisierung Betroffenen war gering: Interbrew, der Riese aus Belgien, gab gestern den Kauf von Beck & Co. bekannt – fast ohne skeptische Töne. Die Politiker lobten die Übernahme, der Betriebsrat war geradezu begeis-tert. Und beide Unternehmen betonten unisono, dass alle 3.700 Beck's-Jobs sicher seien. Alle Jobs: Die bei Beck's, weil Inter-brew die Marke zu seiner internationalen Premium-Marke entwickeln werde. Die bei Haake-Beck und Rostocker Pils (einer Beck-Tochter), da Interbrew dafür bekannt sei, regionale Marken zu stärken. Die bei der ebenfalls den Bremern gehörenden Nienburger Glas auch, da Brauereien mit angeschlossenen Flaschenproduzenten „im Trend“ seien. Kein Wort davon, dass auch belgische Biermultis nur für 3,5 Milliarden Mark shoppen gehen, wenn es sich richtig lohnt. Beck & Co. muss brummen, sonst bekommt Interbrew Druck von den Aktionären – das dürfte sich negativ auf die Jobs auswirken.
„Als ich kam, hatte Haake noch 1.700, Beck 800 und Hemelinger 150 Mitarbeiter“, erzählt Wolfgang Döding von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss und Gaststätten. Er arbeitet seit 1976 in Bremen – da war ein gewisser Josef Hattig, heute Wirtschaftssenator, schon seit vier Jahren Beck's-Chef.
Beck war bereits Mehrheitsaktionär bei Haake, doch Beck's boomte und Haake-Beck stagnierte. Die Marke mit dem Schlüssel wurde 1980 in 100 Länder exportiert (heute 120), der Ausstoß lag 1980 bei 1,5 Millionen Hektoliter (heute 5,7). Gleichzeitig verlor Haake, lange „die stärkste Pilsmarke Norddeutschlands“, Terrain. Die Regional-Brauer hatten 1980 wieder mal herbe Verluste hinnehmen müssen: Der Ausstoß war in den letzten acht Jahren um 13 Prozent gesunken, nur noch gut eine Million Hektoliter Haake-Beck gingen über den Tresen. Haake zog die Notbremse und fusionierte 1981 vollständig mit Beck & Co.
Bis heute hat sich der Absatz von Haake auf 590.000 Hektoliter fast halbiert. Auch die kleine Bremer Marke Hemelinger liegt bei kaum noch 100.000 Hektolitern. Insider sagen, der Abschwung der kleinen Beck's-Töchter hänge damit zusammen, dass sich die Bremer auf ihre Kernmarke spezialisiert hätten. Nicht auszuschließen, sagen die Insider weiter, dass das demnächst dem Flaggschiff Beck's passieren könnte – wenn es denn nicht so läuft, wie sich das die Bosse im belgischen Leuven vorstellen.
Von den einst 2.650 Bremer Bierbrauern bei den drei Marken sind heute auf jeden Fall nur noch 1.500 übrig – obwohl sich der Absatz in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt hat. NGG-Mann Döding meint: „Beck wollte sich auch schon von der Nienburger Glas trennen. Glas hat keine Zukunft in den Augen der Brauer.“ Beobachtern der Szene ist klar, dass auch die 600 Stellen in der Beck's-Verwaltung wackeln, Bereiche wie Marketing und Entwicklung mittelfris-tig in die Zentrale nach Belgien abwandern. „Jetzt nur nicht die Pferde scheu machen“, raunt der Betriebsrat. „Das wäre das falscheste Zeichen, das wir den Neuen geben können.“
Kai Schöneberg
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