Ein Sheriffstern zum Lebensabend

Der Blues-Veteran Clarence „Gatemouth“ Brown kehrt auf seinem neuen Album zum Cajun seiner Kindheit zurück

Natürlich hängt der Grammy daheim an der Wand. Auch die vielen anderen hochkarätigen Preise, die Clarence „Gatemouth“ Brown in den letzten Jahren eingeheimst hat, liegen irgendwo herum. Aber dem schmächtigen alten Mann sind solche Ehrungen nicht so wichtig – es sei denn, sie sind mit Bargeld verbunden. „Die schönste Auszeichnung war dieser Lifetime Achievement Award, den ich kürzlich in New York überreicht bekommen habe“, freut sich der 77-jährige Musiker. „Da kamen nämlich ungefähr 20 Riesen mit rüber.“ Früher, am Anfang seiner Karriere, sei er einfach zu oft über den Tisch gezogen worden, meint Brown. „An meinen alten Platten habe ich so wenig verdient, dass mir ein Geldpreis doch lieber ist als irgendwelche Urkunden.“

Clarence „Gatemouth“ Brown gehört zu den letzten Größen jener Generation, die vor mehr als 50 Jahren den Blues in die Steckdose stöpselte und damit die Geburt des Rock ’n’ Roll einleitete. Doch der selbstbewusste Pfeiffenraucher aus Louisiana war stets mehr als nur ein Bluesmusiker. In jungen Jahren freundete er sich mit der Polka an, die sein Vater auf der Fiedel spielte, mit der Hinterwäldlermusik der Cajuns, mit Country und Old Time. Erst als er T-Bone Walker begegnete, kam er auf die Blues-Spur. Dafür nahm er 1954 ein Instrumental auf, das noch heute zu den Pflichtstücken aller Bluesgitarristen der flinken Sorte zählt: Der „Okie Dokie Stomp“ plagte einst junge Menschen wie Eric Clapton oder Brian Jones. Die Gitarrentricks des emsigen Cowboys begeisterten auch Rockstars wie Jimi Hendrix und Frank Zappa, seine Nashville-Zeiten während der Sixties mit Roy Clark und der „Hee Haw-TV-Show“ sind dagegen weniger bekannt. Dort trat Clarence „Gatemouth“ Brown auch mit seinen Künsten an Fiddle und weiteren Instrumenten in Erscheinung. „Das war ganz locker. Da setzte man nicht auf solche Gimmicks wie Gitarre-hinterm-Rücken-Spielen und so.“

In den Siebzigern tingelte Gatemouth durch Europa, tourte in Afrika und der Sowjetunion, und 1982 brachte ihm sein Album „Alright Again!“ einen Grammy ein. Als ihm Eric Clapton vor einigen Jahren anbot, für eine dreimonatige Tour den Anheizer zu spielen, willigte Brown ein. „Er gab mir zwar nur eine halbe Stunde, aber ich sagte trotzdem zu. Ich sah da die Möglichkeit, ein neues Publikum für mich zu interessieren. Außerdem konnte ich Clapton dazu überreden, auf meinem Album zu spielen. Sie wissen ja wohl, was das bringt.“

Auf seinem jüngstes Album „Back To Bogulasa“ kehrt er nun wieder zurück zur Musik seiner Kindheit, besingt die Cajuns und Southern Belles, covert Country-Lieder und die Southern-Rock-Helden Little Feat, swingt ein wenig und findet auch zum „Same Old Blues“ zurück. „Ich habe einfach Songs aufgenommen, die mir gut gefallen: alte Lieder, einfache Sachen. Es gibt ja kaum noch gute junge Musiker mit neuen Ideen“, befindet er kategorisch.

Seinen Lebensabend verbringt Clarence Gatemouth Brown einige Meilen östlich von New Orleans, in einem Ort namens Slidell. Dort lebt der alte Mann, entspannt sich von den anstrengenden Tourneen um den Globus und lässt sein Motorboot durch den Sumpf tuckern. Die kleine Gemeinde hat ihrem berühmtesten Bewohner eine Auszeichnung verliehen, die zwar nicht mit Geld verbunden war, aber über die sich Clarence „Gatemouth“ Brown dann doch gefreut hat: Ein Sheriffstern, den sie ihm ehrenhalber ans Revers geheftet hat. ULI LEMKE

Clarence „Gatemouth“ Brown: Back to Bogalusa (Blue Thumb/Verwe)