: „Humanitäres Hilfswerk“
Man habe nie das Ziel verfolgt, in Afghanistan zu missionieren, so der Vizepräsident von Shelter Germany, Joachim Jäger. Kein Kontakt zu Inhaftierten
taz: Herr Jäger, Haben Sie Kontakt zu Ihren Mitarbeitern, die in Afghanistan von den fundamentalislamischen Taliban verhaftet wurden?
Joachim Jäger: Nein. Unser Büro in Peshawar, in Pakistan, versucht zu den Verhafteten Kontakt aufzunehmen. Aber das ist noch nicht möglich gewesen.
Die Taliban behaupten, sie hätten ihre Organisation vorgewarnt, nicht zu missionieren und sich an die Vorschriften des Regimes zu halten.
Das ist mir völlig neu. Bei mir ist das mit Sicherheit nicht angekommen und wurde bei uns auch nicht bekannt gegeben.
Eine andere Behauptung der Taliban ist, sie hätten bei den Verhafteten 7.000 Bibeln und christliche Literatur in den Lokalsprachen Dari und Pashtu gefunden.
Die Zahl von 7.000 halte ich für absolut unwahrscheinlich. Das kann ich mir nicht vorstellen. Zu den Bibeln möchte ich aber sagen, dass ich selbst, wenn ich dieses Land betrete, meine Bibel immer dabei habe. Ich bin überzeugter Christ, die Bibel sehe ich als wichtiges Gut, das dabeizuhaben für mich notwendig ist. Ich kann mir vorstellen, dass Gläubige Mitarbeiter das genauso sehen.
Aber Pashtu und Dari wären nicht gerade die Erstsprachen der vier Deutschen, die jetzt verhaftet wurden.
Ich weiß nicht, was stimmt und was nicht, weil ich ja noch keinen Kontakt zu unseren Mitarbeitern hatte. Eine Möglichkeit ist, dass die Bibeln zum Erlernen der Sprachen genutzt wurden. Dazu nimmt man natürlich Bücher, in denen man so oder so liest. Das wäre eine verständliche und unproblematische Erklärung.
Es gab einen Pressebericht, wonach Ihre Organisation mit dem fundamentalistisch-christlichen und missionarischen Netzwerk „Vision for Asia“ zusammenarbeitet.
Wir sind nicht organisiert in diesem Netzwerk. Wir haben von dieser Organisation immer wieder mal Spendengelder für bestimmte Projekte erhalten – genau wie von manch anderen Kirchen und christlichen Organisationen auch. Wir haben aber von Vision of Asia keine Aufträge übernommen.
Eine Kernfrage für die Lösung des Falles ist, ob die Verhafteten tatsächlich Mission betrieben haben. Können Sie das ausschließen?
Missionierung ist nicht unser Auftrag. Wir sind ein rein humanitäres Hilfswerk und haben nie das Ziel gehabt, diese Leute zu missionieren oder zu evangelisieren.
Die amerikanische Organisation gleichen Namens, „Shelter Now International“, mit Sitz in Wisconsin, von der Sie sagen, sie haben gemeinsame Wurzeln . . .
. . . richtig . . .
. . . ist dafür bekannt, dass sie in Afghanistan zu missionieren versucht hat.
Dazu kann ich nichts sagen. Das ist eine andere Organisation. Wir haben seit langer Zeit keine Zusammenarbeit mehr. Wir haben uns geeinigt: Pakistan und Afghanistan werden von unserer Organisation betreut und die anderen Länder von der anderen Organisation. Ich schätze jede Organisation, die vor Ort gute Arbeit leistet. Ich habe nichts gegen diese Organisation.
INTERVIEW: YASSIN MUSHARBASH
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