piwik no script img

Gibt es ein Leben nach der Schule? Aber ja

■ Schüler erkunden in der Pestalozzischule den Berufsalltag/Gymnasiasten nicht immer im Vorteil

Etwas von einem Eisberg stand in der Pressemitteilung der Pestalozzischule. Die gewaltige Abkühlung an dem heißen Vormittag klang vielversprechend, doch ein kalter Riese war auf der Eingangsveranstaltung der Seminarreihe nicht zu sehen. War er bereits weggeschmolzen? „Nein, Eisbergmodell ist auch nur der Name des Projektes“, klärt Renate Drögemüller, Leiterin der Aktion, auf. Das Berufsleben sei wie ein Eisberg. Der Job an sich bilde nur die Spitze, die dazugehörigen Pflichten, Freuden und Sorgen tauchen erst beim näheren Hinsehen auf.

Seit sieben Jahren gibt es das ungewöhnliche Angebot im Lernfeld Arbeitslehre, an dem sich die zehnten Haupt-, Real- und Gymniasalklassen des Pestalozzi-Schulzentrum beteiligen. „Die Schüler bereiten sich in verschiedenen Projektgruppen während des gesamten Jahres auf das außerschulische Leben vor“, erzählt Drögemüller. Dabei gehe es nicht um die Berufsausbildungen, sondern um die Lebensplanung im Allgemeinen. „Mit der Arbeit kommen die meisten gut klar, aber mit der Eigenverantwortung im Alltag haben viele ihre Probleme“, meint die Projektleiterin.

Unter anderem sollen Teamfähigkeit, Selbstständigkeit, Kreativität und das Selbstbewusstsein in den 44 verschiedenen Kursen gefördert werden. In jeweils dreimonatigen Seminaren beschäftigen sich die Teilnehmer schulformübergreifend mit ihren ausgewählten Schwerpunkten. „Dabei haben die Gymnasiasten nicht immer einen Vorteil gegenüber den Hauptschülern“, hat Drögemüller beobachtet. Die Teamarbeit sei bei einigen potenziellen Abiturienten nicht so ausgeprägt.

Unter den Anbietern finden sich soziale Einrichtungen, Firmen, Gerwerkschaften und auch Institutionen wie die Polizei. „Wir können somit die Berührungsängste zwischen den Schülern und uns Polizisten abbauen“, verspricht sich Dieter Krieg von dem Engagement. Seine Erfahrungen in der Jugend- und Öffentlichkeits haben ihm gezeigt, wie wichtig der Dialog mit den Jugendlichen sei. „Wenn sie unsere Arbeit näher kennen lernen, verbessert sich auch das Miteinander und der Umgangston“, erzählt Krieg. Die Polizei beteiligt sich erstmals an dem Lehrmodell. Bei Besichtigungen auf dem Polizeirevier Gröpelingen werden die Beamten allen Schülerfragen offen gegenüber stehen. „Außerdem wollen wir mit den jungen Leuten in Workshops brisante Themen wie Drogen und Jugendgewalt bearbeiten“, stellt sich Krieg vor.

Über mangelnde Nachfrage der Schüler am Infotag kann sich der Beamte nicht beklagen. Die Veranstaltung litt jedoch unter dem Hochsommer zum Schulbeginn. Statt einer ausführlichen Eisbergexpedition gab es Hitzefrei.

ff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen