: Auf dem Weg ins Öko-Paradies
■ Gutachten zu Öko-Handel: Großes Potenzial, schlechte Infrastruktur, viel Unkenntnis
Jörg Rühr zeigt, wo es lang geht. Auf 900 Quadratmetern direkt am S-Bahnhof Bahrenfeld betreibt er den ersten Bio-Supermarkt Hamburgs. Der ideale Ort für Umweltsenator Alexander Porschke (GAL), eine Studie zum Anbau und Absatz von Öko-Produkten vorzustellen. „Unser Ziel ist es, dass Hamburg ein Paradies für Öko-Genießer wird“, sagte Porschke. Das Gutachten sollte klären, was dafür getan werden kann.
Es zitiert zunächst die Ergebnisse verschiedener Umfragen zum Kauf von Öko-Lebensmitteln. Sie legen den Schluss nahe, dass das Ziel der Bundesregierung, ein Fünftel aller Lebensmittel mit dem Siegel „Öko“ zu verkaufen, durchaus realistisch ist. Ökobauern und auch -händler hätten damit reichlich Möglichkeiten, ihre Umsätze zu steigern.
Woran es hapert, ist dem Gutachten zufolge die Vermarktung der Öko-Ware: Dem Image der Bio-Produkte fehlt der Spaß-Faktor, es mangelt an VerkäuferInnen, die ihre Vorzüge 'rüberbringen könnten, an Vermarktungs-Know-how bei Gärtnern und Bauern sowie an ökologischen Schlachtbetrieben und Meiereien.
Die an dem Gutachten beteiligten Behörden, Kammern und Verbände haben sich deshalb ein ganzes Bündel möglicher Projekte ausgedacht: Werbekampagnen, einen Internet-Marktplatz, ein Informationsportal im Internet und ein Buch zum Thema. Ökoberater der Handwerkskammer könnten Fleischer und Bäcker dazu bewegen, Öko-Produkte in ihr Programm aufzunehmen. Die Beratung umsteigewilliger Landwirte könnte besser werden, und ein Förderpreis für den schönsten Bioladen könnte die grüne Einkaufswelt attraktiver machen.
Ein ökologischer Schlachthof in den Vier- und Marschlanden ist bereits in Vorbereitung. Der künftige Betreiber habe bereits erste Investitionen getätigt, sagte Rainer Wujciak von der Umweltbehörde. Daten konnte er allerdings nicht nennen.
Ein Boom steht dagegen bei Öko-Supermärkten bevor. Bis zum Frühjahr seien acht neue in Hamburg geplant, sagte Rühr, der selbst drei Öko-Supermärkte in Lübeck und Eutin betreibt. Sein Laden am Rande von Ottensen ist allerdings der größte. Er könne alle 8000 Artikel, die im Bio-Großhandel gelistet sind, anbieten, sagte er. Die Spanne reicht vom abgepackten Pizzaboden über Bio-Shampoo bis zum ökologischen Hundefutter.
Der Vorteil der Größe liegt Rühr zufolge im schnelleren Warenumschlag. Während im normalen Bioladen 20 bis 30 Prozent der Artikel länger als ein Jahr in den Regalen liegen, sind es im Bio-Supermarkt durchschnittlich drei Monate.
Gernot Knödler
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