piwik no script img

Internetfirma vor kräftigem Aderlass

I-D Media bietet seinen 400 Mitarbeitern Aufhebungsverträge an. Der Standort ist aber nicht gefährdet, 2002 will das Unternehmen schwarze Zahlen schreiben. Wirtschaftssenatorin von Friesen hilft jetzt der New Economy

Kurz vor der Eröffnung der Internationalen Funkausstellung muss die Neue-Medien-Branche der Stadt einen weiteren Rückschlag verkraften. Nach Pixelpark steht mit der Kreuzberger I-D Media AG ein weiteres namhaftes Großunternehmen vor einem kräftigen Aderlass. Den rund 400 Mitarbeitern wurde jetzt ein Aufhebungsvertrag angeboten. Damit werde nach der angekündigten Schließung der Standorte Hamburg, Stuttgart und Wien auch in Berlin drastisch Personal reduziert, sagte gestern Olaf Hofmann vom Gewerkschaftsprojekt connexx.av.

Die vom Vorstand angebotene Abfindung klinge zunächst verlockend, so Hofmann. Dennoch berücksichtige der anvisierte Personalabbau weder eine Sozialauswahl noch eventuelle Teilzeitmodelle. „Hier wird massiv die Unkenntnis und Angstsituation einiger Mitarbeiter ausgenutzt.“ Für das Unternehmen sei eine konzeptionelle Lösungsstrategie unter Einbeziehung des im September zu wählenden Betriebsrates am effektivesten.

Unternehmenssprecher Sebastian Dietrich bestätigte gestern die Abfindungsangebote. Über die Größenordnung des Stellenabbaus konnte er keine Auskunft geben. „Wir führen mit jedem Mitarbeiter Gespräche.“ Der Standort Berlin sei jedoch nicht bedroht. Das Abfindungsangebot sei sehr fair. „Wir schmeißen niemanden einfach so raus“, betonte Dietrich.

Die Firma müsse sich jedoch auf ihr Kerngeschäft konzentrieren, marketinggetriebene Lösungen für E-Business für Unternehmen der Old Economy anzubieten, so Dietrich. Dafür gebe es noch genügend Aufträge. Im nächsten Jahr will I-D Media wieder schwarze Zahlen schreiben.

Erst im August startete I-D Media ein neues Projekt. Die Firma betreut im Auftrag von T-Mobile die neue Website www.electronicbeats.de. Wer während der gleichnamigen Sendung auf Viva 2 Partytermine verpasst hat, kann sich hier noch einmal über Events und News der Club- und DJ-Szene informieren.

Wirtschaftssenatorin Juliane von Friesen (parteilos) kündigte gestern unterdessen ein neues Förderprogramm für New-Economy-Unternehmen an. Dafür stünden in diesem Jahr noch 3 Millionen Mark zur Verfügung. Die Wirtschaftsverwaltung will in den kommenden Wochen gezielt auf rund 150 Unternehmen der Branche zugehen, um bei der Lösung anstehender Probleme zu helfen. Dazu gehört die Vermittlung von zinsgünstigen Darlehen, von Bürgschaften oder von Wagniskapital. „Wir müssen die Krise als Chance begreifen“, meinte die Wirtschaftssenatorin.

RICHARD ROTHER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen