Unendliche Beine

■ Der Star ist da: Basketballer Dirk Nowitzki zieht auch in Bremen alle Blicke auf sich / Heute ist er einer von vielen

Die Mannschaft sei der Star, behaupten Trainer immer wieder gerne, wenn ein absoluter Topspieler in ihrem Team fehlt. Für die deutsche Basketballnationalmannschaft gilt dieser Satz nicht. Wenn die Equipe von Trainer Henrik Dettmann heute Abend um 19.30 Uhr in der Stadthalle auf Lettland trifft, werden sich alle Augen auf Dirk Nowitzki richten.

Der 23-Jährige gilt als eines der größten Talente der nordamerikanischen Profiliga NBA und das nicht nur wegen seiner 2,13 Meter Körperlänge. Nun soll der Ausnahmekönner die Medallienträume der deutschen Basketballerbei der bevorstehen-den Europameister-schaft vom 31. August bis zum 9. September in der Türkei verwirklichen.

Beim gestrigen Medientermin nach dem Vormittagstraining wurde seine besondere Bedeutung im Team des Deutschen Basketballbundes (DBB) wieder einmal deutlich. Während der Übungen war er einer von vielen. Ein Zielwerfen folgte dem nächsten. Nowitzki traf genauso oft und ebenso selten wie seine Kollegen. Bei verlorenen Spielchen musste er wie der Rest zur Strafe ein paar Liegestütze absolvieren. Nachdem jedoch das Feld für die lauernden Reporter frei gegeben wurde, fand sich Nowitzki sofort in einer Journalistentraube wieder. Professionell stand der gebürtige Würzburger Rede und Antwort, sprach über den Spielort, Ziele, die NBA und dementierte nebenbei eine Affäre mit dem Ex-Spice Girl Geri Halliwell: „Wir kennen uns, mehr steckt da nicht hinter.“

Derweil warfen die übrigen Spieler gelangweilt ein paar Körbe oder machten einfach nur die unendlichen Beine lang. „Neidisch auf Dirk sind wir wirklich nicht“, versicherte Stipo Papic von Alba Berlin. Nowitzki selber habe sich im Team hervorragend integriert und zeige überhaupt keine Starallüren. „Das kann er gar nicht, schließlich ist selbst er auf die anderen angwiesen“, meint Coach Henrik Dettmann.

„Ich mag den ganzen Trubel eigentlich nicht“, gestand Dirk Nowitzki gestern artig. Viel wichtiger sei das bevorstehende Turnier, wofür seine volle Konzentration gelte. „Wir müssen mindestens Fünfter werden, um uns für die Weltmeisterschaft im nächsten Jahr zu qualifizieren.“

Chancen, dieses Ziel zu erreichen, rechnet sich auch Papic aus: „Wir sind stark genug, obwohl wir uns bislang nicht richtig einspielen konnten“, so der Spieler der Berliner Kultmannschaft. Erst spät habe das DBB-Team gemeinsam trainieren können.

Nowitzkis Kollege von den Dallas Mavericks, Shawn Bradley, stößt sogar erst heute zum Kader. Der 2,29-Meter-Mann musste erst noch eingebürgert werden. Deutsche Vorfahren verhalfen dem Ex-Amerikaner zum Debut in der deutschen Nationalmannschaft.

„Wir hatten bei den Mavericks darüber oft geflachst, plötzlich meinte es Shawn ernst mit der Einbürgerung“, erinnert sich Nowitzki, der die Ankunft seines Mannschaftskameraden erwartet. „Er wird uns neue Impulse geben“, erhofft sich Nowitzki von Bradley. Deutsch braucht der neue Teamriese nicht zu beherrschen. Der finnische Trainer Dettmann gibt seine Anweisungen in Englisch. „Das ist normal. Englisch ist im Basketball die Sportsprache“, erklärt Papic.

Den Bremer Fans verspricht der Berliner eine tolle Partie. Aus dem derzeitigen 14er Aufgebot der Testspielserie werden noch zwei aussortiert. Einen Stammplatz in der DBB-Auswahl hätten nur wenige sicher. Dass Bremen eher Basketball-unerfahren sei – zuletzt trat die Nationalmannschaft 1998 in der Hansestadt auf – sieht der 22-Jährige nicht als Nachteil. „Die Zuschauer sorgen für gute Stimmung“, weiß Papic, „wenn wir eine tolle Show zeigen.“

Florian Fiene