: Verfluchtes Austria
Nach Hermann Maiers karrierebedrohendem Motorradunfall hadert Österreich mit seinem Schicksal
BERLIN taz ■ Der Kurier wusste, warum. „Der Fluch“ sei es, so titelte das österreichische Boulevardblatt, der Österreichs Sportstars verfolge. Der Motorradunfall des Nationalhelden und Ski-Weltcup-Seriensiegers Hermann Maier wurde prompt in eine Reihe gestellt mit den Unfällen der Formel-1-Fahrer Niki Lauda und Jochen Rindt, des Tennisprofis Thomas Muster und der Skiläuferin Ulrike Maier. „Es scheint ein Fluch zu lasten über der kleinen Gemeinde österreichischer Superstars aus der Welt des Sports“, fürchtet der Kurier.
Als Hermann Maier (28) am Freitagabend von einer vierstündigen Trainingseinheit im Trainingszentrum Obertauern nach Hause fuhr, waren allerdings, soweit bekannt, keine übernatürlichen Kräfte am Werk, sondern nur ein 72-jähriger Münchner Rentner, der im Örtchen Radstadt mit seinem Auto unerlaubterweise links abbog. Maier konnte nicht mehr bremsen und wurde beim Ausweichen in den Straßengraben geschleudert. In einer siebenstündigen Operation wurde der offene Bruch seines rechten Unterschenkels wieder gerichtet. „Das Problem war die zerfetzte oder zerquetschte Muskulatur“, so Alois Karlbauer vom Salzburger Krankenhaus, in dem Maier operiert wurde, „ein 13 mal 6 Zentimeter großes Hautstück vom Oberarm musste transplantiert werden.“
Noch problematischer war die Infektionsgefahr, weil Lacksplitter in der Wunde gefunden wurden und der Unterschenkel bei einer Infektion womöglich hätte abgenommen werden müssen. Erst am gestrigen Nachmittag konnten die Ärzte trotz guten Verlaufs der Operation Entwarnung geben: Maiers Bein muss wohl nicht amputiert werden. „Eigentlich handelt es sich um eine typische Motorradverletzung“, so Karlbauer, „atypisch ist nur der Patient.“
Auch wenn die Gefahr einer Amputation gebannt scheint, ist noch nicht sicher, ob der Doppel-Olympiasieger von Nagano jemals wieder wird Ski fahren können. Aber trotz des drohenden Karriereendes wird natürlich sofort über die sportliche Zukunft des zweifachen Weltmeisters spekuliert. „Ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass wir Sie so bald wie möglich wieder für Österreich im Einsatz sehen werden“, schrieb Bundespräsident Thomas Klestil. Aber: Ski fahren wird Maier „in diesem Winter sehr wahrscheinlich nicht“, so Arthur Trost, Arzt des Österreichischen Ski-Verbandes, und deshalb wohl bei den Olympischen Spielen in Salt Lake City fehlen.
Derweil warten in der Klinik mehr als 50 Journalisten und fünf Kamerateams auf Mitteilungen vom Krankenbett. Letzter Stand: Maier ist seit gestern Mittag wieder ansprechbar, aber depressiv und wollte eigentlich „niemanden sehen, auch nicht die Familie“, so ein Arzt. Mittlerweile allerdings wurde die Verwandtschaft vorgelassen. „Hermann hofft, dass es ihm bald wieder gut geht und dass er wieder gehen kann“, vermeldete daraufhin sein Bruder Axel. TO
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen