Herr Vau schlägt jeden

Weil Tennisprofi Björn Phau erstmals bei den US Open spielt, schielen die Zuschauer angestrengt zur Anzeigetafel, wie der Kerl denn heißt, der in der ersten Runde den Schweden Thomas Enqvist besiegt

aus New York DORIS HENKEL

Schwer zu sagen, ob die Leute am Court Nummer vier Position bezogen hatten, weil ihnen der Name Enqvist geläufig war, oder weil sie sich ein nettes Stündchen in der Abendsonne gönnen wollten. Den Gegner des Schweden kannten sie nicht. Who is that?, fragten sie, und jene, die einen Blick auf die Anzeigetafel werfen konnten, gaben die Antwort: Bjorn Vau.

Herr Vau aus Weilerswist in der Nähe von Köln tat alles, um sich einen Namen zu machen, und ob der falsch ausgesprochen wurde, war ihm zunächst mal egal. Beim zweiten Grand-Slam-Spiel seines Lebens ein Sieg in vier Sätzen (6:3, 4:6, 6:3, 6:4) gegen einen Spieler, der vor nicht allzu langer Zeit mal die Nummer vier der Welt gewesen ist und der noch immer zu den 30 Besten gehört, das ist ein starkes Stück des Qualifikanten Björn Phau. Ein paar Stunden zuvor hatte Tommy Haas nach einem soliden Auftritt gegen den Niederländer John van Lottum gewonnen – folgerichtig nach dem Sieg gegen Pete Sampras ein paar Tage zuvor im Finale des Turniers von Long Island. Auch Phau (22) hatte vor Beginn der US Open einen Titel gewonnen, bei einem Challenger-Turnier im New Yorker Stadtteil Bronx. Danach hatte er sich mit drei Siegen in der Qualifikation der US Open bewährt, und selbst die Aussicht, in der ersten Runde gegen Enqvist spielen zu müssen, hatte ihn nicht allzu sehr verwirrt.

Phau, der in der Rangliste soeben noch zu den besten 200 der Welt gehört, sagt: „Ich wusste, dass er in letzter Zeit nicht allzu viel gerissen hat, und ich wusste auch, dass ich das Zeug dazu habe, solche Leute zu schlagen. Ich hab versucht, tough zu sein und alles zu geben.“

Das und mehr schaffte er, und mit dem Sieg vor Augen behielt er Nerven und Mut. Nun ist also überraschend ein Name im Spiel, den die New Yorker gar nicht oder nur mit Mühe aussprechen können und der in Deutschland auch kein Begriff ist. Das ist vor drei, vier Jahren schon mal anders gewesen, denn Phau war einer der hoffnungsvollen Junioren aus Boris Beckers Mercedes-Team. Mit großem Tamtam ist das Team, zu dem bis zum Bruch mit Becker auch Nicolas Kiefer gehörte, damals vorgestellt worden, doch im Laufe der Jahre fiel es auseinander, mittlerweile ist es aufgelöst, und die Restbestände hat der Deutsche Tennis-Bund übernommen.

Aber Phau weiß sehr gut, dass er sich ohne die Unterstützung schwerer getan hätte. „Ich habe einen Super-Trainer gekriegt und ich hab durch das Team alles bezahlt bekommen – das ist sicher ein Geschenk des Himmels gewesen.“ Nach dem Abitur ist er Profi geworden, seither hat er sich in der Weltrangliste um mehr als hundert Plätze verbessert, doch das Ganze fand quasi im Verborgenen statt. Die meisten Punkte sammelte er bei kleinen Turnieren, ehe er vor einem halben Jahr von einer rätselhaften Verletzung gestoppt wurde. Als Auslöser wiederkehrender Rückenschmerzen wurde das Eppstein-Bar-Virus entlarvt, und nach der Behandlung fühlt sich Phau seit ein paar Wochen wieder besser.

Obwohl er zunächst dachte, wegen des Trainings-Rückstandes mache es keinen Sinn, sich auf den Weg zu den US Open zu machen, tat er es doch; es hat sich gelohnt. Und Phau glaubt, dieser erste Sieg bei einem Grand-Slam-Turnier sei alles andere als Zufall: „Wenn ich so spiele wie gegen Enqvist, kann ich gegen fast jeden gewinnen.“ Er ist intelligent genug, um zu wissen, was er da sagt. Der nächste Test steht am Freitag in der Partie gegen den routinierten Tschechen Jiri Novak an, und falls er auch den bestehen sollte, käme es in Runde drei vielleicht zur Begegnung mit Tommy Haas. Aber eins nach dem anderen.