„Alles steht zur Diskussion“

Joseph Mudumbi, Außenminister der RCD-Rebellen im Kongo, erklärt, wie im bevorstehenden „innerkongolesischen Dialog“ Präsident Kabila gestürzt werden soll und erläutert seine Kritik an Frankreich und sein Misstrauen gegenüber der UNO

Interview DOMINIC JOHNSON

taz: Sie waren in Botswanas Hauptstadt Gaborone, wo sich kürzlich zum ersten Mal alle zivilen und militärischen Parteien des Kongo trafen, um den „innerkongolesischen Dialog“ zur Neuordnung des Landes vorzubereiten. Was ist dabei herausgekommen?

Joseph Mudumbi: Wir haben uns über Ort, Datum, Teilnehmer und Tagesordnung des Dialogs verständigt. Er wird ab 15. Oktober 45 Tage lang in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba, dem Sitz der OAU, stattfinden. Es gibt 300 Teilnehmer: 60 von der Regierung, 60 von uns, 60 von der MLC (die von Uganda unterstützte Kongolesische Befreiungsbewegung, die den Norden des Kongo beherrscht; d. Red.), 60 von den politischen Parteien und 60 von der Zivilgesellschaft. Gesprochen wird über die Einsetzung einer neuen politischen Ordnung, über das Ende des Krieges und über eine Verfassung für eine Übergangszeit vor Wahlen.

Und alle waren sich einig?

Ja, außer dass die Regierung manches anders versteht. Sie will in der Übergangszeit an der Macht bleiben; wir sehen das anders. Kabila regiert nicht automatisch, wie Sie das im Westen denken. Alles steht zur Diskussion.

Sie wollen also die nächste Regierung des Kongo stellen?

Wenn wir sie nicht führen, werden wir an ihr beteiligt sein, falls sie uns gefällt. An einer Regierung Kabila nehmen wir nicht teil.

Zunächst hieß es, der Dialog würde in Südafrika stattfinden. Wieso ist das jetzt anders?

Weil Simbabwe Kabila aufforderte, das nicht zu akzeptieren. Das ist der einzige Grund. Alle anderen waren für Südafrika.

Gab es sonst noch Streitpunkte?

Ja: Der Rückzug ausländischer Truppen. Das wurde überraschend eingebracht, es stand nicht auf der Tagesordnung. Einige sagten, dass vor dem Dialog alle Armeen sofort und bedingungslos den Kongo verlassen müssen. Wir sagen: Nein, so steht es nicht im Lusaka-Friedensabkommen von 1999. Frankreich hat diese Sache manipuliert, indem es die in Gaborone unter anderem von der Regierung Kabila vorgelegte Forderung nach dem sofortigen Rückzug aller ausländischen Truppen dem UN-Sicherheitsrat vorlegte. Zu sagen, der Dialog kann erst nach dem Rückzug der ausländischen Truppen stattfinden, blockiert den Dialog. Kabila kann die Simbabwer nicht hinauswerfen, die MLC nicht die Ugander, wir nicht die Ruander. Nicht einmal die UNO kann das. Aber wenn wir eine nationale Armee und eine geeinte Regierung hätten, wären wir stark. Dann könnten wir alle hinauswerfen!

Ihre Bewegung hat zusammen mit der größten zivilen Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) diese Forderung abgelehnt, während die MLC-Rebellen dabei die Regierung unterstützten. Ist das nicht eine merkwürdige Konstellation?

Die UDPS ist die einzige wirkliche zivile Opposition. Die Zivilgesellschaft wird unterdrückt, die MLC arbeitet für die Regierung. Es gab in Gaborone eigentlich nur zwei Verhandlungsparteien: Wir und die Regierung. Die MLC existiert nicht wirklich. Wir könnten ihre Stellungen problemlos einnehmen. Sie hat keinen Rückhalt, keine Armee. Frankreich hat sie ins Leben gerufen, als es fand, dass Laurent Kabila nicht mehr gut war.

Sie werfen Frankreich vieles vor.

Frankreich ist mitverantwortlich für den Völkermord in Ruanda. Und für die beiden Kriege im Kongo, denn es hat zwei Millionen ruandische Flüchtlinge hierher gebracht. Sie sind die Ursache des Krieges.

Heute will Frankreich aber helfen, die ruandischen Hutu-Milizen im Kongo zu entwaffnen . . .

Das ist eine Aktion, um Kabila zu stützen. Er soll ein paar Milizen in Demobilisierungslagern sammeln, dann verkauft man das weltweit: Seht ihr, Kabila ist gut, er ist gegen die Milizen, also gibt es keinen Grund, warum er nicht Präsident sein sollte. Das französische Programm sieht vor, die Milizionäre im Kongo anzusiedeln. Wieso sollen sie nicht nach Ruanda repatriiert werden, wo sie vor Gericht gestellt werden könnten? Wir lassen nicht zu, dass diejenigen ruandischen Flüchtlinge, die gegen uns gekämpft haben, sich hier niederlassen.

Was erwarten Sie von der UN-Mission im Kongo?

Sie soll ihre Arbeit machen: Waffenstillstandsverletzungen verifizieren und verurteilen – auch wenn es unsere sind. Aber das tut sie nicht. Die Waffenstillstandsverletzungen gehen weiter. Daher unterstützen wir auch keine Ausweitung des UN-Mandats. Sollte das kommen, würde uns das Geld bringen. Aber den Friedensprozess fördert es nicht.