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Argentinien setzt auf Freihandel

Weizen und Rindfleisch sind wichtige Exportartikel, und so fordert Buenos Aires die Öffnung der Agrarmärkte. Andere Länder des Südens lehnen dies ab

von KATHARINA KOUFEN und INGO MALCHER (Buenos Aires)

Endlose Viehweiden, Weizenfelder, die bis zum Horizont reichen und dazwischen ein kleines Straßendorf mit gigantischen Getreidesilos. Die argentinische Pampa ist eine riesige Landwirtschaftsfabrik, die sich gleich über mehrere Provinzen des Landes ausdehnt. Doch das Bild des glücklichen argentinischen Ranchers, der durch den Export von Rindfleisch und Weizen schnell reich wird, trügt. Zwar sagt die Regierung eine Rekordernte voraus, aber auch in der Landwirtschaft hat ein starker Verdrängungsprozess eingesetzt. So können Rinderzuchtbetriebe nur noch überleben, wenn sie mindestens 1.000 Hektar Land besitzen. Das größte Problem für die Agrarwirtschaft Argentiniens sind jedoch die Handelsbeschränkungen von EU und USA.

Juan Llach, Ökonom an der Universidad Austral und ehemaliger Regierungsfunktionär, stellt in einer Studie über die argentinische Exportwirtschaft fest: „Der Agrarsektor ist der einzige Bereich, der von der Globalisierung ausgeschlossen wird.“ Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums kommen 51 Prozent aller Exporte des Landes aus dem Agrarbereich, fast alle aber werden in ihren Zielländern durch Handelshemmnisse, wie Umweltauflagen oder Mindestgrößen, verteuert.

Rund 28 Prozent der argentinischen Agrarexporte gehen in die EU, die damit der wichtigste Käufer argentinischer Produkte ist. Die Einfuhrzölle sind gesalzen. Für Fleisch sind im Durchschnitt 38 Prozent, für Getreide 34 Prozent zu entrichten. In die USA werden rund 17 Prozent der argentinischen Agrarprodukte exportiert. Auch hier sind die Abgaben hoch. Gegen argentinischen Honig erließ Washington erst vor kurzem einen Anti-Dumping-Zoll in Höhe von 60 Prozent. Das Land ist der weltgrößte Honigexporteur und die USA sind sein wichtigster Abnehmer. Argentiniens Regierung hat allein in den USA 2.105 Handelsschranken ermittelt, die es den Produzenten erschweren, auf dem dortigen Markt Fuß zu fassen.

Nach Berechnungen des Ökonomen Llach hätten die argentinischen Agrarexporte im Jahr 2000 ein Volumen von 40 Milliarden Dollar erreichen können, wenn sich die USA und die EU nicht vor der Konkurrenz abschotten würden. So belief sich der Export landwirtschaftlicher Produkte im vergangenen Jahr auf lediglich 13,31 Milliarden Dollar. Kein Wunder also, dass Argentinien zu den radikalsten Ländern in der so genannten Cairns-Gruppe zählt. In ihr haben sich die Staaten zusammengeschlossen, die Agrarprodukte exportieren. Präsident Fernando de la Rúa setzt auf freien Welthandel: „Ohne den Protektionismus könnten wir doppelt so viele Devisen einnehmen und damit sähe die wirtschaftliche Lage in der gesamten Region ganz anders aus.“

Ein anderes Problem für Argentinien sind die Subventionen der EU-Landwirtschaft. So ist spanisches Olivenöl in argentinischen Supermärkten billiger als die Öle aus einheimischer Produktion. Die EU, so rechnen die lateinamerikanischen Länder vor, subventioniert die Produktion ihrer Landwirte jedes Jahr mit 142 Milliarden Dollar.

Diese Subventionspraxis wird auch von den Entwicklungsländern, die sich nicht der Cairns-Gruppe angeschlossen haben, immer wieder kritisiert. „Wenn die EU was loswerden will, gibt sie viel Geld dafür aus, es zu Spottpreisen an die armen Länder zu verscherbeln“, sagt der indische Agrarexperte Devinder Sharma. „Sie nennen das Absatzmärkte, aber eigentlich nutzen sie uns als Müllkippe.“ So führte in den 90er-Jahren der Export hoch subventionierten Weizens in das Afrika südlich der Sahara dazu, dass die Bauern dort auf der eigenen Ernte – Hirse, Mais und Sorghum – sitzen blieben. Billiges Rindfleisch aus der EU verdrängte in Ghana, Benin und der Elfenbeinküste die Importe aus den Nachbarländern vom Markt. Den Schaden hatten Viehzüchter und Händler aus Mali, Burkina Faso und Niger. Und die Ägypter servieren ihr Couscous gerne mit Hähnchenfleisch aus Europa, weil es so billig ist. Die heimischen Bauern müssen sich auf ein Verlustgeschäft einlassen, wenn sie ihr Geflügel noch loswerden wollen.

Länder wie Indien, Pakistan, Ägypten, Kenia, Simbabwe und Nicaragua kritisieren zwar gemeinsam mit den 17 Cairns-Staaten die Dumpingpolitik der EU und der USA. Anders als Argentinien und die anderen großen Agrarexporteure fordern sie aber, die Agrarmärkte nicht weiter zu liberalisieren. Stattdessen wollen sie die Erlaubnis, Schutzzölle zu erheben, und über ihr Landwirtschaftssystem selbst bestimmen. Auch verlangen sie von der WTO, die Produktion zur Ernährungssicherung der heimischen Bevölkerung subventionieren zu dürfen, auch wenn dies zu „Wettbewerbsverzerrung“ führt.

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