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Schloss Poschwitz by call

„Jetzt sagen Sie doch mal 28!“: Wie es auf einer Versteigerung von morschen und weniger morschen Immobilien so zugeht

Liebling, ich habe dir gerade eine Lagerhalle an der Ortsgrenze von Zappendorf gekauft!

von MONIKA RINCK

„Liebling, ich habe dir eine vermüllte Lagerhalle mit Vandalismusschäden an der Ortsgrenze von Zappendorf gekauft.“ Wer das von sich sagen kann, war vielleicht auf der Versteigerung, die kürzlich im Meistersaal am Potsdamer Platz stattfand. Dass es in den meisten Fällen weniger um Existenzgründung als um Spekulation geht, wird selbst dem wohlerzogenen Laien gleich zu Anfang klar, wenn die Abschreibungsmöglichkeiten, die mit dem Ankauf desolater Bauruinen verknüpft sind, schlüssig dargelegt werden. Eine Teichanlage an der Heiligenwiese in Plothen zum Mindestgebot von 800 Mark? Eine Klitsche mit Wellasbest-Eindeckung, stark sanierungsbedürftig oder gar auf Abriss ab 2.000 Mark?

Was auch immer es ist, es wird im Laufe des Tages Abnehmer finden. Bis auf wenige Ausnahmen, zu denen das ehemalige ein- bis dreigeschossige Sozialgebäude in 14827 Wiesenburg gehört, das trotz seines äußerst günstigen Preises von 10.000 Mark der so genannten Nachauktion verbleibt. Ein Beamer wirft Abbildungen von Reihenhausendteilen, Scheunen, Grünland, sogar Unland auf die Leinwand. Bilder von bestechender Trostlosigkeit kontrastieren mit den stattlichen Kronleuchtern vor Ort. Im Tonfall ritueller Lässigkeit, den man so nur von routinierten Priestern kennt, wird immer wieder die gleiche Formel verlesen: Das Objekt wird verkauft wie besichtigt, nicht besichtigt, ohne Gewähr über die genaue Flächengröße, Güte etc. ec. Ein Flachbau wechselt trotz Mietschulden, Ortsrandlage und Feuchtigkeitsschäden für einen Preis den Besitzer, der das Mindestgebot von 8.000 Mark nur knapp übersteigt. Genauso ergeht es diversen Doppelhaushälften, der Dorfstraße in Werbelow von den Hausnummern 10–16 bis hin zu Nr. 43–48 und der Gaststätte „Gehegemühle“ in Angermünde.

Hat man sich einmal hereingesteigert, genügt ein einfaches Kopfnicken in Richtung Bühne, um das Gebot in den Himmel zu treiben. „Jetzt sagen Sie doch einfach mal 28,“ fordert der erfahrene Auktionator den Bieter beim Stand von 25.500 Mark und einer Steigerungsrate von je 500 Mark auf. Er weiß: „Das schockt die eventuellen Mitstreiter“, und beschleunigt das Ganze wohl auch ein wenig. „Sonst geht das schmucke Häuschen ohne Gegenwehr weg . . .“ Keine Sorge: Es geht in jedem Fall einfach – weg.

Die Luft im Saal ist schon stickig geworden, bis endlich, belächelt von den Profis, die sich in das Foyer zurückgezogen haben, um andere Debatten zu führen, das Kleinod unter den morschen Immobilien, „Schloss Poschwitz“, ausgerufen wird. Es hat alles, was ein rechtes Schloss braucht: Zinnen, Teich, Kapelle, Schlosspark, die Erinnerung an die einzigartige Poschwitzer Bibliothek für Sprachwissenschaft, sogar eine Zentralheizung und polyglotte Geister, die über die Jahrhunderte in vielen Zungen zu reden gelernt haben. Man ist gespannt und wird enttäuscht: Der Zuschlag geht, nach kurzem, wenig dramatischem Gefecht für 215.000 Mark zzgl. Courtage an einen namenlosen Telefonbieter. Das Schloss ist weg, der Zenit überschritten, die Reihen leeren sich merklich. Im Saal lassen Windböen die weinroten Samtvorhänge, mit denen die offenen Fenster abgedunkelt sind, aufflattern und helle Lichtreflexe jagen durch den schummrigen Saal. Ohne Schloss und Schuppen geh ich von dannen.

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