: Schlichten statt Richten
Bei Ärger mit Banken und Versicherungen kann man vor der gerichtlichen Auseinandersetzung einen Vermittler einschalten. Ombudsleute bemühen sich um unbürokratische Hilfe bis zum Streitwert von 10.000 Mark. Für den Kunden kostenlos
Seit einigen Jahren muss nicht sofort zum Richter laufen, wer mit seiner Bank Probleme hat, die sich scheinbar nicht mehr gütlich lösen lassen: Ein unabhängiger Ombudsmann hilft Bankkunden, Differenzen schnell und unbürokratisch aus der Welt zu schaffen. Das Wort stammt aus dem Schwedischen und heißt so viel wie „Treuhänder“ oder „Vertrauensperson“.
Auf Grund des großen Erfolges der außergerichtlichen Schlichtungsstellen gibt es inzwischen bundesweit drei Ombudsmänner, die sich mit den Beschwerden der Kunden befassen: Karl Dietrich Bundschuh ist ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Horst-Diether Hensen war Vizepräsident des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg, und Werner Weiß zuletzt Ministerialdirigent im Bayerischen Staatsministerium der Justiz. Bezahlt werden sie vom Bankenverband.
Bis zu einer strittigen Summe von 10.000 Mark dürfen die Ombudsmänner eigenständig schlichten. Ihre Schlichtungssprüche sind dann verbindlich für die Bank. Ist der Kunde mit der Entscheidung nicht einverstanden, kann er anschließend immer noch vor Gericht gehen. Wurde der Streit allerdings bereits vorab einem Gericht unterbreitet, ist der Weg zum Schlichter versperrt. Firmenkunden können den Ombudsmann nicht in Anspruch nehmen.
Insgesamt wurden in den letzten neun Jahren über 15.000 Beschwerden bei der Kundenbeschwerdestelle des Bundesverbandes deutscher Banken (bdb) eingereicht. Etwa ein Drittel davon ging auf das Konto von Sparkassen und Raiffeisenbanken, für die der Ombudsmann jedoch nicht zuständig ist. Einen Teil der Beschwerden musste die Schlichtungsstelle ablehnen, da es entweder um reine Rechtsberatung ging, die nicht geleistet werden kann, oder bereits Gerichte eingeschaltet waren.
Von den rund 5.600 zulässigen Beschwerden entschieden die Ombudsmänner fast die Hälfte zu Gunsten der Kunden, 186 Fälle endeten mit einem Vergleich und in etwas mehr als 2.700 Fällen bekam die Bank Recht. Der Beschwerdekatalog umfasst dabei fast alles, was im Bankgeschäft vorkommt: zu hohe Kontoführungsgebühren, falsche Anlagetipps, schlechte Kreditberatung oder zu hohes Disagio sind nur einige Beispiele. Im letzten Jahr gab es vor allem „im Bereich der Wertpapiergeschäfte viele Beschwerden“, weiß bdb-Sprecherin Kerstin Altendorf.
Wer außergerichtlich zu seinem Recht kommen will, kann sich schriftlich an die Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken wenden. Hypothekenbanken haben eine eigene Beschwerdestelle. Nach Sichtung der Beschwerde nebst entsprechenden Unterlagen nimmt die Beschwerdestelle Kontakt mit der Bank auf. Oft ließen sich, so Altendorf, Unstimmigkeiten schon auf dieser Ebene klären. Wenn nicht, wird – für den Kunden kostenlos – der Ombudsmann eingeschaltet. Auch für höhere Streitwerte kann er Empfehlungen aussprechen. Die Dauer des Schlichtungsverfahrens ist abhängig davon, wie kompliziert der einzelne Fall ist. Es kann einige Wochen, aber auch Monate in Anspruch nehmen. Um Fristen muss sich der Bankkunde dabei nicht sorgen: Sie werden für die Dauer des Verfahrens ausgesetzt.
Die Sparkassen haben offenbar keinen Ärger mit ihren Kunden, zumindest nicht in einem Umfang, der einen Ombudsmann erforderte. Dort beschwert man sich zunächst beim Kundenberater in der Filiale, als nächsten Schritt empfiehlt der Deutsche Sparkassen- und Giro-Verband (DSGV) den Gang zum Filialleiter. Kann auch der nicht helfen, wenden sich genervte Sparkassenkunden an den jeweiligen Regionalverband, der an geeignete Schiedsstellen verweist. Wer bis dahin nicht weitergekommen ist, dem bleibt nur der Gang zum Gericht.
Ein Sprecher der Volks- und Raiffeisenbanken räumt ein, „dass es schon mal vorkommen kann, dass ein Kunde verärgert ist, wenn innerhalb eines halben Jahres drei verschiedene Sachen nicht funktioniert haben“, und sich dann gleich an eine übergeordnete Beschwerdestelle wenden will. Dem komme nun auch der Bundesverband der Raiffeisenbanken (BVR) entgegen. Geplant ist die Einführung eines Ombudsmannes für Raiffeisen-Kunden zum Beginn des nächsten Jahres. Bis dahin gilt: Der Kunde beschwert sich zunächst bei der Hausbank, dann beim Regionalverband und wendet sich schließlich an den Raiffeisen-Bundesverband.
Versicherungskunden hatten bislang im Streit mit ihrem Unternehmen nur die Möglichkeit, sich an das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen zu wenden, wenn sie den Gang zum Gericht scheuten. Das Amt kann die Versicherung zwar abmahnen, dem Kunden aber in der Regel nicht zu seinem Recht verhelfen. Doch ab Oktober gibt es auch für das Versicherungswesen einen Ombudsmann. Wolfgang Römer, ein vor kurzem pensionierter BGH-Richter, wird sich dieser Aufgabe widmen. Wegen der zu erwartenden Menge der Beschwerden werden ihm zum Start gleich 15 Mitarbeiter zur Seite gestellt.
Auch der Ombudsmann für das Versicherungswesen ist befugt, Auseinandersetzungen zwischen Assekuranzen und deren Kunden bis zu einem Streitwert in Höhe von 10.000 Mark selbstständig zu schlichten, wobei seine Entscheidung für das Versicherungsunternehmen, nicht aber für den Kunden bindend ist. Bis zu einer Streitwerthöhe von 100.000 Mark kann der Ombudsmann Empfehlungen aussprechen. Wer mit seinem Schiedsspruch unzufrieden ist, hat hinterher – wie bei den Banken – die Möglichkeit, sich an ein Gericht oder speziell an das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen zu wenden. Sogar aus einer laufenden Schlichtung könne der Versicherungskunde jederzeit aussteigen, so Friedrich Bultmann, Geschäftsführer des Versicherungs-Ombudsmann e. V. Auch höhere Streitwerte können, im gegenseitigen Einvernehmen der Konfliktparteien, dem Ombudsmann vorgetragen werden. Wurde in einer Auseinandersetzung allerdings bereits der Gerichtsweg eingeschlagen oder das Bundesaufsichtsamt eingeschaltet, wird der Ombudsmann auch hier nicht mehr tätig.
Bezahlt wird der Ombudsmann von den Versicherungsunternehmen, die Mitglied im Ombudsmann-Verein sind. Für den Kunden entstünden laut Bultmann, sofern er sich nicht anwaltlich vertreten lasse, keine Kosten.
Speziell bei die privaten Krankenversicherern übrigens geht es um so spezifische Probleme, dass deren Verband einen eigenen Ombudsmann bestimmt hat. Arno Surminski ist jedoch mit weniger Kompetenzen ausgestattet als sein Kollegen und darf keine verbindlichen Schlichtungsentscheidungen treffen. KATHARINA JABRANE
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