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Mit Atomstrom wieder Gewinne machen

■ Die swb AG setzt in Zukunft auf mehr Atomstrom, um wieder Geld zu verdienen. Kraftwerke stilllegen und Strom zukaufen ist billiger – gespart wird beim Personal

An die gewohnten Gewinne war nicht mehr zu denken. Nach der Liberalisierung im Strommarkt mit anschließendem rapiden Preisverfall macht sich in der Bilanz der swb AG (ehemals Stadtwerke) jetzt ein dickes Minus breit: Der gestern vorgestellte Geschäftsbericht des Konzerns weist für das vergangene Jahr einen Verlust von minus 7,1 Millionen Mark aus. Der Jahresfehlbetrag ist noch höher: minus 73 Millionen Mark.

Nach einem satten Plus von 24 Millionen Mark noch im Jahr 1999 sei „dieses Ergebnis natürlich enttäuschend“, gesteht der neue Vorstandsvorsitzende Gerhard Harder, der erst vor acht Wochen von der Bremer Wollkämmerei (BWK) zum Energiekonzern wechselte. Grund zur Sorge glaubt Harder trotzdem nicht zu haben. Energie sei schließlich ein langfristiges Geschäft und die swb ein „gesundes Unternehmen“, das gut am Markt positioniert sei. Innerhalb der AG konnte man in diesem Jahr auch Gewinn ausschütten, der allerdings steuertechnisch sofort wieder zurückgebucht wurde.

Trotzdem: Das Ergebnis für das laufende Jahr 2001 werde kaum besser ausfallen als das in 2000, warnte Harder, „darauf muss man sich einstellen.“ Erst für 2002 hofft der Vorstandsvorsitzende wieder in die „Gewinnzone“ zu rutschen.

Und zwar weil es Anzeichen gebe, dass die Strompreise ab 2002 wieder angehoben werden könnten – „der Strompreis hat seinen Tiefpunkt erreicht“, meinte Harder. Hoffnungsvoll ist er auch aufgrund von geplanten Entlassungen in den Kraftwerken und stattdessen zugekauftem Atomstrom. So will Harder bald „wieder Geld verdienen“ für seine Aktionäre.

Und damit vollzieht der ehemalige Strom-Selbstversorger in Bremen (der früher einmal 90 Prozent der Energie vor Ort produziert hat) jetzt auch die energiepolitische Kehrtwende. Nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl hatte man noch den Atomenergie-Kritiker Klaus Traube als Experten nach Bremen geholt, um eine moderne, dezentrale Energiepolitik zu entwickeln. Inzwischen hat die Stadt Bremen ihre Anteile an der swb AG weitgehend verkauft. Im Energiemix des swb-Stroms wird in Zukunft rund ein Drittel Atomstrom stecken: „Wenn die Welt keinen Atomstrom haben will“, müssten eben andere Preise als „Yello-Preise“ bezahlt werden.

Bremens Eigenproduktion soll auf 60 Prozent heruntergefahren werden. Nach Plänen von 1998 werden im nächsten Jahr daher die Blöcke „Hafen 5“ und „Hastedt 14“ dicht gemacht. Selbst beim relativ neuen und 420 Millionen Mark teuren Heizkraftblock „Hastedt 15“ steht im nächsten Jahr die Schließung zur Debatte. „Auch moderne Kraftwerke können plötzlich unwirtschaftlich werden“, erklärt swb-Sprecherin Marlene Odenbach mit Verweis auf die Liberalisierung des Strommarktes. Im Jahre 2005 könnte „Hastedt Block 15“, der „Erfolg“ von gewerkschaftlicher und ökologischer Energiepolitik der 80-er Jahre, vorzeitig und endgültig vom Netz gehen.

Weniger Stromproduktion heißt auch weniger Arbeitsplätze: 186 Stellen wurden in der Energie-Erzeugung gestrichen, 70 Stellen bei zusätzlichen Diensten. Die teuren Sozialpläne schlagen jetzt voll auf die Bilanz.

Laut Harder wird dieser „Mittelweg“ zwischen Erhaltung von Produktion in Bremen und völligem Zukauf wieder Profit bringen. Für die bislang so ökologischen Anlagenblöcke mit Kraftwärme-Kopplung soll es außerdem noch Bundesfördermittel geben. Mit 65 Millionen Mark rechnete die swb ursprünglich. Nun geht man sicherheitshalber erstmal nur von 15 Millionen Mark aus. Gibt es 2002 doch mehr für die auslaufenden Kraftwerks-Modelle, wird die swb-Bilanz einen Freudensprung machen.

Dorothee Krumpipe

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