: Neuenfelde = Altenwerder
Regenbogen: Ausverkauf hat begonnen. Airbus hält am A 380 fest ■ Von Gernot Knödler
Die Bürgerschaftsgruppe Regenbogen und das Schutzbündnis für Hamburgs Elbregion befürchten, dass Neuenfelde das gleiche Schicksal wie Altenwerder ereilen könnte. Nachdem das Liegenschaftsamt mehr als 30 Grundstü-cke gekauft hat, stünden viele Häuser leer und würden wohl auch nicht wieder vermietet, sagte der Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch.
Unterdessen haben die Terror-Anschläge in den USA zu kräftigen Einbrüchen bei der Luftfahrtindus-trie geführt. Airbus will aber „auf jeden Fall“ an dem geplanten Riesenflugzeug A 380 und damit an der Erweiterung der Fabrik in Finkenwerder festhalten. Die Neuenfelder befürchten, dass für den A 380 eine Verlängerung der Werkspiste und der Abriss vieler Häuser in ihrem Ort nötig sein wird.
Wie Renate Mitterhuber, die Sprecherin der Finanzbehörde versicherte, sollen die durch die Stadt gekauften Häuser auf jeden Fall vermietet werden, „an ganz normale Leute, die auch sonst im Dorf wohnen“. In Frage kämen überdies Mitarbeiter des Airbuswerkes und deren Angehörige. Einem Interessenten aus dem Umfeld der Airbus-Kritiker war es trotz mehrerer Anläufe nicht gelungen, ein solches Häuschen zu mieten. Bei der alten Neuenfelderin Käthe Quast löst das Verschwinden ihrer Nachbarn große Traurigkeit aus. Ein Gang durch die Straßen vermittle den Eindruck „wie in Altenwerder“, sagte Hackbusch, der selbst in Neuenfelde geboren ist.
Ein wenig Hoffnung keimt bei den Leuten wegen der sich abzeichnenden Schwierigkeiten der Luftfahrtindustrie. Der Financial Times zufolge rechnen die Fluglinien vor allem auf den Nordatlantik-Routen mit einem Nachfragerückgang von 15 bis 20 Prozent. Der Airbus-Konkurrent Boeing kündigte bis Ende 2002 die Entlassung von 20.000 bis 30.000 Mitarbeitern an. Der Aktienkurs der Airbus-Mutter EADS ist nach den Anschlägen um ein Drittel, seit Jahresbeginn um die Hälfte gefallen. Der Lufthansa-Aufsichtsrat beriet gestern Abend darüber, ob er er zunächst auf die Anschaffung des A 380 verzichten will.
Ein dauerhafter Niedrigpreis der EADS-Aktie würde Hamburg vor große finanzielle Probleme stellen. Denn die Stadt hat die 1,3 Milliarden Mark teure Zuschüttung des Mühlenberger Lochs über Kredite vorfinanziert. Etwa 640 Millionen Mark davon will der Senat mit Hilfe eines Verkaufs von Anteilen an der Daimler-Chrysler Luft- und Raumfahrt-Holding bezahlen. Ein Kurssturz der EADS-Aktie entwertet diese Anteile.
Die EADS will heute auf einer Pressekonferenz zu den Auswirkungen des Terrorschocks Stellung nehmen. Bisher lägen keine Auftragsstornierungen vor, sagte ihr Sprecher Theodor Benien. Airbus habe aus vergangenen Krisen gelernt und sei in der Lage, „flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren“. Analysten verweisen laut dpa darauf, dass Airbus „eine andere Philosohie“ habe und Massenentlassungen vermeide.
Die Airbus-GegnerInnen demonstrieren heute um 11 Uhr vor dem Verwaltungsgericht, Nagelsweg 37, für eine zügige Abwicklung des Hauptverfahrens zur Airbus-Erweiterung.
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