: Liste der Feinde wird länger
Pentagonchef Rumsfeld nennt keine Namen, erweitert aber potenzielle Vergeltungsziele um „Gastgeber von Terroristen“. Fischer sichert aktive Mitgestaltung zu
WASHINGTON dpa/rtr/ap ■ Die USA haben mittlerweile mehrere Länder im Visier, die Terroristen beherbergen sollen. Es lägen jede Menge Beweise vor, sagte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld gestern, ohne einzelne Länder zu nennen. Rumsfeld schloss Militärschläge gegen diese Länder nicht aus. Er wies Forderungen aus Russland und China zurück, vor einem Angriff die Einwilligung der UNO einzuholen. Die USA betrachteten etwaige Schläge als Selbstverteidigung.
Nach Rumsfelds Angaben wollen die USA der afghanischen Taliban-Miliz vorerst keine Beweise zur Verwicklung des mutmaßlichen Terroristen Ussama Bin Laden in die Terroranschläge vorlegen. Das von den Taliban geforderte Beweismaterial umfasse zahlreiche geheime Informationen, sagte Rumsfeld.
In Gesprächen mit Politikern zahlreicher Länder sucht der US-Präsident derweil den Schulterschluss. Nachdem zuerst Frankreichs Präsident Jacques Chirac Bush Solidarität zugesichert hatte, sagte auch Bundesaußenminister Joschka Fischer gestern nach einem Treffen mit seinem Amtskollegen Colin Powell in Washington, Deutschland stehe bereit, den Kampf gegen den Terrorismus „in allen Bereichen aktiv mitzugestalten.“ Fischer erklärte, er habe Powell klar gemacht, dass Deutschland bei der Teilnahme an der „Antiterrorkoalition“ „keine Option ausschließen“ werde.
Bush wollte sich gestern auch noch mit Indonesiens Präsidentin Megawati Sukarnoputri terffen. Indonesien ist das bevölkerungsreichste muslimische Land. Megawati warnte die USA bereits davor, jetzt alle Muslime zu Sündenböcken zu machen. Die USA erwarten indes, dass Indonesien sich mehr gegen Fundamentalisten engagiert. Heute wird der britische Premier Tony Blair in Washington erwartet.
Russlands Generalstabschef Anatoli Kwaschnin zufolge will sich Russland nicht an einer Militäraktion der USA gegen Terroristen beteiligen. Russlands Präsident Wladimir Putin, der den USA ebenfalls Unterstützung zugesagt hatte, sprach sich seinerseits gegen unüberlegte Vergeltungsakte aus.
Indes hat der UN-Sicherheitsrat die Taliban aufgefordert, Bin Laden „unverzüglich und ohne Bedingungen“ auszuliefern. Der Rat verlange von den Taliban, die entsprechenden UN-Resolutionen umzusetzen, sagte Ratspräsident Jean-David Levitte. Es gibt bereits ein Waffenembargo gegen die Taliban, um die Auslieferung Bin Ladens in Zusammenhang mit den Anschlägen auf zwei US-Botschaften 1998 in Ostafrika zu erwirken.
US-Präsident George Bush hat inzwischen seine Äußerungen bezüglich eines „Kreuzzugs“ gegen den Terrorismus relativiert. Er habe dabei nicht an die historische Bedeutung im Sinne eines Religionskrieges gedacht, erklärte Bush-Sprecher Ari Fleischer. Sollten sich Partner der USA oder irgendjemand sonst von der Bemerkung vor den Kopf gestoßen fühlen, bedaure Bush dies.
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