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Entwaffnung wäre eine Lösung

Die rund 1.200 in Berlin lebenden Exilafghanen wünschen sich statt Krieg und Bomben eine Intervention der UNO

Für in Berlin lebende Exilafghanen wie die 58-jährige Soziologin Mariam Notten ist vor allem eines klar: „Bomben auf die afghanische Zivilbevölkerung sind das falsche Mittel, um Terrorismus zu bekämpfen.“ Gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Afghanischen Kultur- und Kommunikationszentrums Sabour Zamani erinnerte Mariam Notten bei einer Anhörung der Grünen-Abgeordnetenhaus-Fraktion gestern daran, dass „die Bevölkerung Afghanistans seit 22 Jahren terrorisiert wird“.

Eindringlich schilderten die beiden Akademiker die Folgen von zwei Jahrzehnten Krieg: Drei Millionen Afghanen sind Flüchtlinge im eigenen Land, weitere drei Millionen sind in die Nachbarländer Pakistan und Iran geflohen. Mitverantwortlich hierfür seien insbesondere die USA. „Mein Land leidet darunter, dass der Westen immer die falschen Gruppierungen unterstützt hat“, sagt Mariam Notten und erinnert an die jahrelange Unterstützung der US-Regierung für die fundamentalistischen Mudschaheddin in deren Kampf gegen die sowjetischen Besatzungstruppen.

Auch wenn Notten und Zamani die Talibankämpfer als „Rote Khmer“ und „Kampfmaschinen“ bezeichnen, ist es ihnen wichtig, objektiv über deren Entstehung zu informieren. Viele heutige Talibankämpfer seien als Kinder in den Flüchtlingslagern durch den pakistanischen Geheimdienst rekrutiert und ausgebildet worden. Die Entfremdung der Kindersoldaten von ihrer Kultur und die reduzierte Form des Islam, die ihnen eingeimpft worden sei, hätten dazu geführt, dass sich der Hass der Taliban nach der Machtübernahme vor allem gegen die eigene Bevölkerung richtete.

Seither ist die Zahl der afghanischen Flüchtlinge auch in Europa gestiegen. Von den 65.000 in Deutschland lebenden Afghanen hat es knapp 1.200 nach Berlin verschlagen. Die Mehrheit hat Asyl beantragt, so wie die seit 1991 im Berliner Umland lebende fünfköpfige Familie Kanishka und ihre 22-jährige Tochter Brishna. Die Abiturientin gehört zwar zu einer anderen Flüchtlingsgeneration als die übrigen Podiumsteilnehmer, teilt mit ihnen jedoch das Misstrauen gegen die momentan von vielen Medien gerne als oppositionelle Alternative angepriesene Nordallianz. Statt einer kriegerischen Lösung forderten alle, „den Zufluss von Waffen und Geld an alle Kriegsparteien“ zu unterbinden. „Eine Entwaffnung der Taliban durch die UNO“ wäre für Mariam Notten die beste Lösung.

HEIKE KLEFFNER

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