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Bewusst merkwürdig.

Die neue Imagekampagne der taz: Die Welt ist merkwürdig. Und die taz hat dazu Merkwürdiges zu sagen

Was verbindet die taz und ihre Leserschaft? Beide hinterfragen den Zustand der Welt

von STEFAN KUZMANY

Wenn die Welt unsicherer wird, dann schlägt die Stunde der taz. Eine traurige, aber auch erprobte Erfahrung: In Krisenzeiten greifen mehr Menschen zur taz als sonst. Das Bedürfnis nach unabhängiger, kritischer Berichterstattung wächst. Die Zeitung befriedigt dieses Bedürfnis mit einer ausgeweiteten Berichterstattung zum Thema der Zeit – sei es nun der Golf- oder der Kosovokrieg oder nun die kommende militärische Auseinandersetzung mit dem Terrorismus: viele Sonderseiten füllen das Blatt. So macht das Produkt taz im besten Sinne Werbung für sich selbst. „taz muss sein.“, dieser grundlegende Satz der Kampagne vom Herbst 2000, bestätigt sich: Die Zeitung wird gebraucht. Warum also eine neue Kampagne?

Aus zwei Gründen. Erstens lehrt die Erfahrung nicht nur, dass Krisenzeiten „gut“ sind für die taz – sie lehrt ebenso, dass dieses erhöhte Interesse an der taz nach einigen Wochen wieder abflaut. Die Tatsache, dass die überwiegende Mehrheit derer, die jetzt täglich die taz im Briefkasten haben wollen, sich nicht für ein unbefristetes Abonnement entschieden hat, sondern ihre Bestellung auf einige Wochen befristet, bestätigt diesen Mechanismus. Bei aller Bemühung, die so neu hinzu gewonnenen Leserinnen und Leser dauerhaft von der Qualität der taz zu überzeugen und so langfristig an das Blatt zu binden – es wird leider so sein, dass die meisten nach Ablauf ihres befristeten Abonnements abspringen werden.

Zweitens gilt, wie beschrieben, der Satz „taz muss sein.“ weiterhin (und zur Zeit besonders) – aber eben nur für diejenigen, die die taz bereits kennengelernt haben, die ihre einzigartige Mischung aus Unabhängigkeit und Respektlosigkeit schon schätzen, kurz: die dem Charme der taz schon verfallen sind. Aber was sagt „taz muss sein.“ all jenen, die noch nie eine taz in der Hand hielten? Wohl nichts. Und was bewirkt bei jenen, die die taz nicht kennen, die in dem Satz „taz muss sein.“ enthaltene Mahnung, dass diese unabdingbare Stimme im deutschen Medienchor möglicherweise bald verstummen könnte, wenn sie sich nicht dazu entschließen wollen, die taz zu abonnieren? Wohl kaum etwas. Deshalb muss die taz weiterhin für sich werben, muss sich alten Bekannten ins Gedächtnis rufen und neue Freunde finden. Wie aber lässt sich bei Menschen das Interesse für eine Zeitung wecken, die sie überhaupt nicht kennen? Das war die Ausgangsfrage bei der Entwicklung einer neuen Imagekampagne für die taz. Sie führte zu einer weiteren Fragen: Was haben die taz und potenzielle neue Leserinnen und Leser gemeinsam; was verbindet Leserschaft und Zeitung? Die Antwort liegt in dem, was die taz schon seit ihrer Gründung tut: Sie klärt auf. Sie hinterfragt die Zustände in unserer Gesellschaft. Sie gibt sich nicht zufrieden mit dem, was ihr von der Welt als gegeben vorgesetzt wird. Sie lässt sich nicht abspeisen mit Begriffen wie „Kollateralschaden“ und „Globalisierungszwang“. Und ihre (potenziellen) Leserinnen und Leser tun das auch nicht.

Was sagt der Satz„taz muss sein.“jenen, die die taz noch nicht kennen? Nichts

Am Anfang der Kritik an den zu verändernden Zuständen (am Anfang also jeder Reform bis hin zur Revolution) der Gesellschaft steht jedoch deren Bewusstwerdung. Salopp ausgedrückt: „Moment mal, hier stimmt etwas nicht. Kann das, muss das so sein?“ Oder, kurz und knapp, die Feststellung: „Merkwürdig.“

Das ist die neue Kampagne der taz: auf Merkwürdiges hinweisen und eine Verbindung schaffen zur taz, zu der Zeitung, die das Merkwürdige bemerkt und etwas dazu zu sagen hat, das würdig ist, bemerkt zu werden. Für die Printkampagne wird das Merkwürdige aus dem Kontext genommen, durch grafische Bearbeitung verfremdet und so das Publikum angeregt, sich Gedanken zu machen über das Merkwürdige. Und selbst Merkwürdiges in der eigenen Umgebung zu entdecken. Die bisher von der Berliner Agentur Meyerk gestalteten Motive (siehe Kasten) sind daher längst noch nicht die vollständige Kampagne. Im Laufe der Zeit sollen diese Merkwürdigkeiten ersetzt werden durch neue Beispiele, die von LeserInnen und Lesern eingesandt werden. Beabsichtigt ist ein ähnlicher Effekt wie bei der „taz muss sein.“-Kampagne, die auf eine überwältigende Resonanz bei den Leserinnen und Lesern stieß.

Sie sind wieder dran, liebe LeserInnen: Was finden Sie merkwürdig? Schreiben Sie uns. Entweder per Email an merkwuerdig@taz.de. Oder per Post an die tageszeitung, Kennwort: merkwürdig., Kochstraße 18, 10969 Berlin.

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