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Im Zug nach NY

Nur 2 Kilometer pro Jahr legt ein Amerikaner auf der Schiene zurück. Doch jetzt erlebt die Bahn einen Boom

WASHINGTON taz ■ Während die US-Fluggesellschaften nach dem 11. September ihre Verbindungen reduzieren und zehntausende von MitarbeiterInnen entlassen mussten, erlebt das Eisenbahnunternehmen Amtrak einen Boom wie nie zuvor. Die Zahl der Passagiere stieg um über 20.000 pro Tag, das ist ein Zuwachs von 35 Prozent.

Auch prominente US-Bürger stiegen auf die Schiene um. Als Edward Kennedy, der demokratische Mehrheitsführer Tom Daschle und ein Dutzend weitere Senatoren letzte Woche die Ruinen des World Trade Centers besichtigen wollten, nutzten sie aus logistischen wie aus Sicherheitsgründen statt des Shuttle-Flugzeuges zwischen Washington und New York den „Metroliner“ von Amtrak. Auf den Ostküstenkorridor Washington–New York–Boston, Amtraks einzige profitable Strecke, entfällt auch der größte Teil der neu gewonnen Passagiere. Doch Amtrak-Präsident George Warrington sieht „die große Chance“ , dass sein Unternehmen auch in anderen Landesteilen „zumindest im Kurz- bis Mittelstreckenbereich bis 450 Meilen [circa 720 Kilometer] auch längerfristig seinen Marktanteil verbessert“.

Das bleibt eine große Herausforderung. Die US-Airlines transportierten im letzten Jahr rund 600 Millionen Passagiere, Amtrak lediglich 22,5 Millionen. Jeder US-Bürger verbrachte im Durchschnitt ganze 2 Kilometer im Zug (jeder Deutsche 722 Kilometer, jeder Schweizer 1.800). Um seinen Marktanteil längerfristig auszubauen, braucht Amtrak zunächst mindestes 3 Millarden Dollar zusätzlicher Subventionen. Denn die Passagierzuwächse infolge der Terroranschläge erhöhten nicht nur die Einnahmen aus dem Ticketverkauf, sondern verursachten wegen des verstärkten Einsatzes von Rollmaterial und der Überstunden des Zugpersonals auch erhebliche Mehrkosten. Um die neu gewonnene Attraktivität auch längerfristig zu halten, müsste Amtrak zudem erhebliche Summen in die Reparatur und Modernisierung von Gleisen und Bahnhöfen stecken.

Doch noch gilt ein Beschluss des Kongresses aus dem Jahr 1997, wonach das Eisenbahnunternehmen seine Operationskosten ab Januar 2003 vollständig aus dem Fahrkartenverkauf finanzieren muss und keine Subventionen mehr erhält. Im letzten Jahr verfehlte Amtrak dieses Ziel noch um 59 Millionen Dollar. Kongressmitglieder von der Ostküste zeigen inzwischen parteiübergreifend Bereitschaft, diesen Beschluss zu überdenken. „Wir brauchten die Eisenbahn vor dem 11. September und seitdem brauchen wir sie noch mehr“, erklärte New Yorks demokratischer Senator Charles Schumer. Die Eisenbahn müsse aus ihrer Rolle als Stiefkind heraus. Doch Schumers Kongress-Kollegen aus den großen US-Bundesstaaten sind noch keineswegs überzeugt. ANDREAS ZUMACH

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