: Ein „.“ erregt Polizei
Wegen Verwechslungsgefahr will das Brandenburger Innenministerium eine polizeikritische Website verbieten
BERLIN taz ■ Wer in einer Internet-Suchmaschine www.polizeibrandenburg.de eingibt, könnte ins Grübeln kommen. Stößt er doch auf zahlreiche Beispiele polizeilicher Übergriffe. Per Internet kann dort sogar einen Aufruf für mehr demokratische Kontrolle der Geheimdienste unterschreiben. So viel liberaler Geist bei der Brandenburger Polizei kann schon verwirren, immerhin untersteht sie dem als Law-and-Order-Mann bekannten Innenminister Jörg Schönbohm. Doch schnell wird klar: Hier präsentiert sich die „Volksinitiative zur Stärkung der Grund- und Bürgerrechte gegenüber der Polizei“.
Die linke Initiative mit dem sperrigen Namen hat sich diese Internetdomain vor einigen Wochen gesichert. Als Beispiele für den Abbau demokratischer Rechte nennt die Homepage die Ende letzten Jahres vom Potsdamer Landtag beschlossenen Verschärfungen des Landespolizeigesetzes ebenso wie Aufenthaltsverbote für Punks in bestimmten Städten, Videoüberwachung und die Ausreiseverbote für GlobalisierungsgegnerInnen im Vorfeld der Proteste von Genua. Das Brandenburger Innenministerium forderte die Betreiber der Homepage ultimativ auf, den Namen freizugeben.
Die Frist am gestrigen Montag ist verstrichen, jetzt will das Ministerium juristisch vorgehen. Es bestehe eine akute Verwechslungsgefahr mit der Homepage der Brandenburger Polizei www.polizei.brandenburg.de, weil der einzige Unterschied in einem zusätzlichen Punkt besteht. Der Sprecher der polizeikritischen Initiative, Lutz Boede, hält die Angst vor einer Verwechslung für vorgeschoben und spricht von einem Zensurversuch. Man will es auf einem Prozess ankommen lassen.
Seit der Streit eskaliert ist, sei die Anzahl der Zugriffe enorm gestiegen sagt Boede. Allerdings haben auch die Drohungen gegen die Betreiber der Homepage im Gästebuch zugenommen. Die Aufforderung, Deutschland sofort zu verlassen, gehört noch zu den harmloseren Eintragungen.
Unter dem Titel „Schnelle Autos brauchen starke Bremsen. Wie viel Kontrolle braucht die Polizei?“ laden die PolizeikritikerInnen jetzt zu einer Podiumsdiskussion. Die Zusage des Potsdamer Polizeipräsidenten Detlef von Schwerin steht allerdings noch aus. PETER NOWAK
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