: „Ich spiel nicht Jazz, ich spiel Jack“
■ The one and only Jack Bruce kommt mit seinem „Cuiceland Express“ nach Bremen und sprach vorher mit der taz. Darüber, ob er vom rechten Weg abgekommen ist und über afrokaribische Einflüsse in seiner Musik
Jack Bruce ist eindeutig einer der einflussreichsten Bassisten, Komponisten und Sänger der 60er und frühen 70er Jahre. Er war der Kopf der Supergroup „Cream“. Ihre größten Hits „I feel free“, „Sunshine of your Love“ und „White Room“ wurden von ihm geschrieben und gesungen. Er befreite den Bass in der Rockmusik von den Begrenzungen des reinen Begleitinstruments, Sting und Jaco Pastorius sind seine Erben. Nach seiner Zeit als Popstar entwickelte sich Bruce hin zu musikalisch anspruchsvolleren Projekten, zuletzt zusammen mit dem Produzenten Kip Hanrahan, und durch diesen kam er zur lateinamerikanischen Musik, wie er sie jetzt mit seinem neuen Sextett, dem „Cuiceland Express“ spielt
taz: Im Pressematerial steht der Satz, nach „Cream“ hätten Sie das Gefühl gehabt, Sie wären „zu weit vom rechten Weg abgewichen“. Haben Sie das wirklich so gesagt?
Jack Bruce: Nein, aber da ist schon was dran! Wir wollten ja „Cream“ auch nie als große Popband herausbringen. Das passierte uns eher zufällig, und ich wollte auch nie ein kommerzieller Musiker sein, aber leider kam es dann anders und ich musste mir ein paar Ferraris, Inseln usw. anschaffen. Soweit es unsere Ideale angeht, sind wir alle Millionen Meilen vom Weg abgewichen.
Aber jetzt haben Sie ja mit Ihrer letzten CD „Shadow in the Air“ wieder gleichzeitig kommerziellen und künstlerischen Erfolg.
Das Geheimnis liegt einfach darin, lange genug dranzubleiben und nicht zu früh zu sterben. Ja, ich bin sehr zufrieden mit dem Erfolg, und ich haben kaum Kompromisse gemacht. Vielleicht war es ein Zugeständniss, dass ich ein paar von den alten Songs wieder aufgenommen habe.
Werden Sie diese „Cream“-Hits auch im Konzert spielen?
Oh ja, ich haben keine Probleme damit, wann ein Song geschrieben wurde: Ein alter kann genauso frisch klingen wie ein gerade komponierter. Und die Leute in meiner Band lieben die alten Songs. Der Schlagzeuger Negro Hernandez war in Havanna einen Monat lang im Gefängnis, weil er „White Room“ gespielt hat, als westliche Popmusik in Kuba gerade tabu war. Also müssen wir es spielen.
Mister Bruce, ist dies Ihr erstes Projekt, bei dem Sie Elemente der „Latin-Fusion“ verwenden?
Nein, meine zweite Soloplatte, die ich in den frühen 70ern machte, würde vom Sound her gut zu diesem Projekt passen. Ich haben die afrokaribische Musik schon immer sehr gemocht und wusste um ihren Einfluss auf die gesamte Popmusik. Das kommt alles aus Afrika.
Für den Guardian stellten Sie vor kurzem einen Liste mit Ihren Lieblingsplatten zusammen. Dabei war nur ein Popsong, dafür aber viel Jazz, etwa von Dizzy Gillespie, der ja den Bebop mit der afrokubanischen Musik verband. Wie groß war sein Einfluß auf Sie?
Eines der ersten Musikstücke, die ich professionell spielte, war Dizzys „One Bass Hit“.
Spielten Sie den schon auf dem E-Bass?
Nein, ich spielte zuerst auf dem akustischen Bass, in den Gruppen von Alexis Korner, und in den frühen Tagen von Graham Bond kann man mich auf dem „double bass“ hören. Dann fragte mich der Produzent von „Diamond Records“, ob ich nicht den E-Bass für ein paar Sessions spielen wollte, und die erste war dann „My Boy Lollypop“. Darauf bin ich sehr stolz!
Wie sehen Sie ihre Position als denjenigen, durch den der Bass in der Popmusik zum Hauptinstrument emanzipiert wurde?
Darüber denke ich nicht viel nach, aber es gibt ein Buch von Jim Roberts mit dem Titel „How the Fender Bass changed the World“, und darin entwickelt er die interessante These, dass man vor der verstärkten B-Gitarre den unteren Teil der Musik kaum hören konnte, und dass es die ganze Popmusik ohne den E-Bass so nicht gäbe. Ich war einfach zu einer Zeit da, wo diese Entwicklung möglich wurde.
Aber Sie sind in dem Buch prominent vertreten?
Oh ja, ich sitze da oben direkt neben James Jamesson, dem heiligen James, wie wir Bassspieler ihn nennen.
Wie würden Sie selber Ihren Musikstil beschreiben?
Ein Interviewer sagte einmal, ich würde Jazz spielen, und ich antwortete: Ich spiele nicht Jazz, ich spiele Jack. Ich habe ja inzwischen fast alles gespielt: Country & Western, schottische Volksmusik, Opern, Blues, alten Jazz, modernen Jazz, Jazzrock, ein bisschen Rock n Roll. Einen Musiker wie mich kann man schlecht in eine Schublade stecken.
Ist Ihnen heute irgendwas von dem, was Sie gespielt haben, peinlich?
Nicht wirklich, ich habe „Lilly the Pink“ mit „The Scafold“ gespielt und schäme mich dessen nicht. Nur bei Manfred Mann war mein Herz nicht ganz dabei. Aber selbst mit der Band hat es Spaß gemacht, und wir hatten mit „Pretty Flamingo“ einen Nummer One Hit.
Ahh
Oh, Yeah! Your're not talking to trash here, boy!
Das Gespräch führte Wilfried (boy) Hippen
Konzert am Dienstag, 20.30 Uhr im Kulturzentrum Schlachthof
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